Thementour auf eigene Faust: Lostplaces in Berlin

Seit Jahren gelten Lost Places unter Fotografen und abenteuerlustigen Entdeckern als DER Trend des 21. Jahrhunderts. Zwischen verfallenen Kinderkrankenhäusern, verlassenen Freizeitparks und ehemaligen Universitätsgebäuden kommen Adrenalin-Junkies garantiert auch in der Hauptstadt auf den Geschmack. Die Berliner Lost Places-Tour zeigt die spannendsten Orte, um die Stadt am Puls der Vergangenheit zu greifen oder sich einfach mal so richtig zu gruseln…

Stationen „Lostplace-Tour auf eigene Faust“

  • Station 1: Ehemaliges Kinderkrankenhaus Weißensee
  • Station 2: Spreepark
  • Station 3: Ehemaliges Institut für Anatomie
  • Station 4: Teufelsberg
  • Station 5: Olympisches Dorf
  • Einzelpreis-Spanne pro Station: kostenlos bis 15 Euro
  • Preis inkl. Berlin AB-Fahrkarte und Eintritt in alle Stationen : 32,70 €
  • komplette Dauer: 11 h
  • interaktive Karte zum anklicken – einfach auf die Geister-Symbole klicken

Station 1: Gruselfaktor in Weißensee

Zerborstene Fenster, besprühte Wände und Türen, verkohlter Dachstuhl – schon von Außen sieht das ehemalige Kinderkrankenhaus Weißensee alles andere als einladend aus. Im Inneren wird es noch gruseliger: Eingestürzte Fußböden, vermoderte Räume und Ruinenteile legen nahe, dass es sich hierbei um einen besonders gefährlichen Lost Place handelt.

Aufgrund der hohen Säuglingssterblichkeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts öffnete die ehemalige Säuglings- und Kinderklinik Weißensee bereits 1911 ihre Tore. Heute sind sie verschlossen, doch das hält wagemutige Abenteurer und Hobbyfotografen nicht davon ab, sich einen Weg auf das 28.000 m² große Gelände zu suchen.

Bereits 1997 wurde das Krankenhaus geschlossen, seither ließen Vandalismus und Zerfall das Gebäude verwildern. Die Hoffnungen lagen ab 2006 bei einem Investoren, doch 2018 ging das Krankenhaus zurück an das Land Berlin. Wer also noch einmal einen Blick auf diesen schaurigen Lost Place werfen möchte, sollte sich beeilen – laut SPD wird Berlin bald handeln.

  • Wo? Hansastraße 150, Weißensee (Giersstr.)
  • Eintritt: Außenansicht kostenfrei; Betreten illegal

Station 2: Spreepark

Einst Familienpark, heute Abenteuerspielplatz

Als erster und einziger Freizeitpark der DDR sorgte der Spreepark – damals noch Kulturpark Plänterwald – ab 1969 für Spiel und Freizeitspaß in Berlin Treptow-Köpenick. Auf rund 30 Hektar bot der Park eine Auswahl aus Riesenrad, verschiedenen Fahrgeschäften und Rummelbuden. Jedes Jahr besuchten rund 1,7 Millionen Gäste die Einrichtung.

Nach Deutschlands Wiedervereinigung übernahm Norbert Witte den Spreepark. Allerdings versäumte der Berliner Senat, seinen Hintergrund zu prüfen: 1981 verursachte eines von Wittes Fahrgeschäften einen Unfall mit einem weiteren Karussell, bei dem sieben Menschen starben. Seither verweigerten Rummelplätze dem Schausteller den Stellplatz.

Führung durch den Geister-Park

Dennoch schien der Spreepark neu zu erblühen. So erweiterten beispielsweise Wildwasser- und Achterbahnen das Angebot. Doch als die Besucherzahlen einbrachen, musste der Spreepark mit 11 Millionen Euro Schulden 2002 schließen. Seither verwahrlost das Gelände und zieht unzählige Lost Place-Jäger an. Beliebte Motive: umgefallene Dinosaurier-Figuren und natürlich das Riesenrad. Denn was gibt es an einem solchen Ort mystischeres, als die meterhohen Gondeln, die seicht im Wind wiegen?

Anfang 2014 kaufte das Land Berlin den Spreepark zurück, um ihn anderweitig nutzen zu können. Geplant ist ein Platz für Kunst und Kultur. Bis dahin können Fans von Lost Places an eineinhalbstündigen Führungen teilnehmen und mehr über die Geschichte des Spreeparks und die zukünftigen Pläne erfahren.

  • Wo? Kiehnwerderallee 1-3, Plänterwald (Neue Krugallee/Dammweg)
  • Eintritt: 5 €
  • Zum Blogartikel/Bildergalerie hier entlang
Das Riesenrad im Spreepark
Das Riesenrad im Spreepark

Station 3: Ehemaliges Institut für Anatomie

Zwischen Hörsaal und Leichen-Kühlraum
1948 eröffnet, galt das ehemalige Institut für Anatomie der Freien Universität Berlin als einer der bedeutendsten Standorte für Medizin. Doch als 2003 die medizinischen Fakultäten der FU und der Humboldt-Universität zusammengelegt wurden, wurde das Institut in Dahlem-Dorf geschlossen.

Seitdem faszinieren die verlassenen Unterrichtsräume, die Labore und Leichen-Kühlräume vor allem Fotografen. Mit seinem authentischen Charme in zerfallenem Ambiente gilt das Institut als einer der beliebtesten Lost Places in ganz Berlin. Kein Wunder: Beschriftete Tafeln, herumliegende Aktenordner und freistehende Seziertische erwecken den Eindruck, als wäre das Gebäude beinahe fluchtartig verlassen worden.

Doch schon bald könnte das Erlebnis für Lost Place-Gänger vorüber sein: Vor elf Jahren wurde das 5.100 m² große Gelände an einen Discounter verkauft, der sich aktuell noch in Verhandlungen mit dem Bezirk befindet. Ob das ehemalige Institut durch einen Supermarkt oder Wohnungen ersetzt wird – oder doch weiterhin verfällt – ist ungewiss.

Achtung! Das Betreten des ehemaligen Instituts ist nicht nur illegal, sondern auch lebensgefährlich. Früher hantierten die Studenten hier unter anderem mit giftigen Lösungsmitteln und sogar radioaktiven Stoffen. Doch auch von Außen betrachtet lässt sich die mystische Stimmung erahnen.
  • Wo? Königin-Luise-Straße 15, Dahlem Dorf (Arnimallee)
  • Eintritt: Außenansicht kostenfrei; Betreten illegal

Station 4: Teufelsberg

Weit über die Grenzen von Berlin bekannt, repräsentiert der Teufelsberg nicht nur die Spionage-Geschichte der deutschen Hauptstadt, sondern zeigt außerdem, wie ästhetisch verlassene Orte sein können.

Als ehemalige US-Abhörstation umgibt den Teufelsberg eine ganz besondere Aura, wie sie nur einmal in Berlin zu finden ist. Aus Sicherheitsgründen kann die Aussichtsplattform zwar aktuell nicht betreten werden, dafür bietet das 4,7 Hektar große Areal genügend andere Spots, die vor Magie und Rätseln strotzen.

  • Wo? Grunewald, Charlottenburg-Wilmersdorf (S Grunewald)
  • Eintritt: 5 €; die Aussichtsplattform kann aktuell nicht betreten werden
  • Zum Blogartikel hier entlang
Berlin Teufelsberg - Radarstation Abhöranlage
Berlin Teufelsberg – Radarstation Abhöranlage

Station 5: Olympisches Dorf

Der Turnblock ohne Athleten

Einst für die Olympischen Sommerspiele 1936 als Herberge für 3.600 Athleten und deren Betreuer errichtet, gilt das Olympische Dorf in Elstal als älteste Einrichtung seiner Art. Unter anderem stellte Deutschland den Sportlern 141 Wohnbauten, ein Speisehaus, Sport- und Schwimmhalle, Sauna sowie ein Krankenhaus zur Verfügung.

Das Olympische Dorf sollte den Athleten vor allem als Rückzugsort dienen. So fanden sich auf dem Gelände neben zahlreichen Freizeiteinrichtungen idyllische Grünanlagen inklusive See. Bereits während des Baus wurde jedoch geplant, das Olympische Dorf nach den Sommerspielen an die deutsche Wehrmacht zu übergeben.

So siedelten sich hier eine Infanterieschule, ein Infanterie-Lehrregiment und ein Militärhospital an – übrigens eines der damals hochwertigsten seiner Art. Nach dem zweiten Weltkrieg ging das Olympische Dorf in sowjetische Hand über. Seit 1992 ist das Gelände unbewohnt und wird vom Zahn der Zeit zerfressen, jedoch können aktuell Führungen über das historisch bedeutsame Gelände gebucht werden.

Mein Haus, dein Haus: Obwohl das Olympische Dorf unter Denkmalschutz steht, haben vor Ort bereits Bauarbeiten für exklusive Wohnungen begonnen. Wer das Olympische Dorf also noch als solches besuchen möchte, sollte sich beeilen und schnellstmöglich eine Führung buchen.
  • Wo? Rosa-Luxemburg-Allee 70, Elstal/ Wustermark (Elstal, Bahnhof)
  • Eintritt: 75 € je 5er-Gruppe; 15 € pro Person

Die „Thementouren auf eigene Faust“ ist eine lose Reihe mit freundlicher Unterstützung von Travelcirus.

About waldnase

Komme aus der Provinz und seit 1999 Berliner! Mich interessiert hauptsächlich Geschichtliches und Kreatives aus der spannendsten Metropole Deutschlands.

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One comment

  1. Toller Artikel. Gerade verfallene Gebäude und verlassene Parks ziehen viele Besucher an. Meiner Meinung nach ist Berlin eine der schönsten Städte Deutschlands. Mit tollen Seen und Naherholungsgebieten ganz in der Nähe. Wer dort wohnt brauch im Sommer nicht unbedingt in den Urlaub fahren. Eine tolle Stadt.

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