Gar nicht weit von Berlin und noch in Brandenburg zu finden, ist das beschauliche Städtchen Eisenhüttenstadt direkt an der Oder gelegen. Viele verbinden mit dieser Stadt das (ehemals) riesige Eisenhüttenwerk und die architektonisch im sozialistischen Stil hochgezogene Neustadt. Wer wie ich (der Autor), zuvor noch nicht dort war, könnte denken, da stehen massenweise DDR-Plattenbauten wie in Marzahn -> Stichwort WBS 70, aber dem ist nicht so… wie es der folgende Vor-Ort-Bericht beweisen wird.
Bahnhof im Nirgendwo
Mit dem Zug aus Richtung Frankfurt/Oder ging es nahe der Oder entlang und somit auch am Nachbarland Polen. Eine SMS aufs Handy ließ verlauten, dass ich mich schon im EU-Ausland befand. Der Bahnhof war so, wie ich es mir leider vorgestellt hatte für eine Stadt, die nach der Wende viele Einwohner verloren hat (1990: über 50.000 Einwohner, heute knapp 24.000 Einwohner), ziemlich verloren und baufällig.
Auf dem ersten Blick war nichts von der Neustadt zu sehen, stattdessen zumeist zweigeschossige Häuser einer normalen Brandenburgischen Kleinstadt. Tatsächlich besteht Eisenhüttenstadt aus mehreren Stadtteilen: Fürstenberg/Oder, Schönfließ und der ehemaligen Stalinstadt (die Neustadt ab 1953). Und die Stadt unter dem heutigen Namen gab es erst ab 1961, als sich die drei zuvor selbständigen Städte zusammenschlossen. Aber die Ortsschilder zeigen immer noch nach Fürstenberg und die Einwohner halten es auch so.
Die Stadt auf eigene Faust entdecken
Der Plan für Wochenende war die Altstadt, also Fürstenberg, zu erkunden und am nächsten Tag dann endlich die sagenumwobene und bekanntere Neustadt. Gefühlt befand ich mich zurückversetzt in die 90er Jahre, es gab nichts oder kaum Gegenwärtiges – wie sagt man so schön – die Zeit ist stehen geblieben. Und „Corona“ gab jetzt den Rest, kein Restaurant bzw. keine Gaststätte hatte geöffnet. Menschen waren kaum anzutreffen aber Parkplätze gab es reichlich, für Berliner ein seltener Anblick. Zwischendurch ein paar alte Häuser, wie das hübsch sanierte ehemalige Postamt von 1895, welches nun ein Wohnhaus sein dürfte. Unweigerlich stößt man auf die „Magistrale“ Frankfurter Straße, im Norden dann Berliner Straße, im Süden weiter die Gubener Straße, welches den Ort durchschneidet.
Vom Fischerdorf zum Grenzgebiet
In Richtung Wasser wurden die Häuser kleiner, sehr wahrscheinlich waren sie älter und kamen den Typus „Fischerdorf“ sehr nahe. Aber davon dürfte es nicht mehr viele Einheimische mit dieser Berufung geben. Sichtbar wurde jetzt die neue Deichbrücke, neu gebaut in den Jahren 1995/1996, nachdem die alte Brücke 1945 in den Kriegswirren der letzten Tage gesprengt wurde. Obendrauf auf dieser Überführung gibt es einen sehr schönen Blick auf die Altstadt. Imposant sticht dabei die Kirche heraus und spätestens jetzt war es offensichtlich das Eisenhüttenstadt nun wirklich nicht aus Plattenbauten besteht, halt ein gäniges Klischee. Nach vorne gerichtet, folgte viel Wald und Auenland mit Blick auf den Grenzfluß Oder. Präsent waren auch die neuen temporären Schilder „Kernzone Schweinepest“, daher hieß es von nun an sich nur auf den offiziellen Gehwegen zu bewegen.
Kurze Zeit später waren die Grenzpfeiler erkennbar, hier war also die Bundesrepublik Deutschland zu Ende bzw. es ging noch bis zur Mitte der Oder mit dem Auenland dazwischen. Nicht zu übersehen waren auch die Überreste einer alten Oderbrücke, wovon es noch einen Rest auf der polnischen Seite gab. Obwohl das Ende des Kalten Krieges schon eine Weile her ist, die Idee und Umsetzung einer Restaurierung bzw. eines Neubaus ist leider nicht Wirklichkeit geworden, schade. Um auf die andere Seite zu kommen, ist ein großer Umweg über Frankfurt/Oder im Norden noch Coschen bzw. Guben im Süden notwendig.
Der erste Tag geht zu Ende
Nach dem Abstecher zur Grenze ging es zurück in die Altstadt, auf der Suche nach einer Herberge, in der Anzahl sind sie sehr übersichtlich aber immerhin vorhanden und annehmbar. Hiermit endet der erste Tag und aufgrund des Umfanges bekommt die Neustadt einen eigenen Artikel (hier geht es zum zweiten Teil). Im Folgenden noch zwei umfangreiche Bildergalerien, zum einen die Altstadt (Fürstenberg) und die untere Bildergalerie mit dem Abschnitt von der Brücke über den Deich bis zur Odergrenze.
Bildergalerie Altstadt:
Brücke über den Deich / Fluss Oder / Staatsgrenze
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