Wer hat schon nicht eine plötzliche Müdigkeit gespürt wenn es hiess: Dort, jwd spielt ein Super Musiker, eine Super Band. Zur sehr späten Stunde. Konzertbeginn soll 22 Uhr sein, aber wer die Szene kennt, weiß, dass alles immer später als angekündigt, losgeht. Je nach geographischer Perspektive kann der Berliner Jazz-Club A-Trane janz weit draussen sein. Ach, die WestCity, dort ist nichts mehr los, sagt eine innere Stimme. Nun aber gibt es musikalische Momente, die sich nicht verschieben lassen. Wagt man ihn verstreichen zu lassen, dann kann es sein dass 10 bzw 12 Jahre ins Land gehen müssen, bis der Künstler in Berlin wieder auftaucht.
Heute ist so ein wunderbarer Künstler in der Hauptstadt. Es handelt sich um den brasilianischen Gitarrenvirtuosen João Bosco. Auf World Tour sei er, so die Konzertankündigung, um das 40-jährige Jubiläum mit seinen Fans zu zelebrieren.
Ob in dem Land des Jazzfestivals, die Schweiz, mitten im mondänen Zentrum von Rio de Janeiro oder im tiefsten Teil des beschaulichen Bezirks Charlottenburg, Bosco begeistert Jazz und Weltmusikfans. Seine Virtuosität im Gitarrenspielen ist aber“nur“ ein Teil des gesamten musikalischen Pakets.
Unzählige angehende Gitarrenspieler hat er beeinflusst und inspiriert und tut es bis heute noch immer. Als Komponist ist er verewigt in der brasilianischen Musik. Mehrere Brasilianische SängerInnen haben erst durch das Singen seiner oft regimekritische Texte den Durchbruch geschafft. Die perfekte Mischung zwischen brasilianischer Musik, Jazz und Weltmusik also. Die orientalischen Elemente ein einer Art arabisch klingender Scat-Gesang macht das Ganze eine musikalische Delikatesse erster Güte.
Das letzte Mal in der Hauptstadt war Bosco im Jahr 2000 im Quasimodo, ein Jazz-Club um den es in den letzten Jahren sehr ruhig geworden ist. A-Trane ist sicher nicht ein Club für Jedermann. Noch immer klappern dort das Geschirr und die Gläser während des Konzertes. Wenn dabei filigrane Musik auf der Bühne gespielt wird, kann dies für die aufmerksamen Zuschauer störend sein. Auf der anderen Seite: A-Trane gehört, trotz 20-jährigen Bestehens durch die Hartnäckigkeit seines Besitzers Sedal Sardan, immer noch zu den Geheimtipps, wenn es um hochqualitative Musik in der Stadt Berlin geht.
Dort treten, teilweise undercover (was die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit anbelangt), regelrechte musikalische Juwelen auf. Wenn man in der Jazz-Club-Szene ein programmatisches Risiko eingeht und das geschieht dort selten genug, dann darf die geographische Entfernung keine Rolle spielen. Der treue Fan und der Liebhaber guter Musik nimmt Bus, U-Bahn, Fußweg, Wind und Wetter, all das in Kauf. Es kann also sein, dass man nach einem solchen Konzert, mitten in der Nacht den Club verlässt, mit der Gewissheit, diesen Abend an seiner Biographie der unvergesslichen Konzerte nicht missen zu wollen. Im Zusammenhang mit Bosco und seinem Quartett, ein solches Erlebnis zu versprechen, ist nicht übertrieben.
Also: Nur noch heute (15.8.2013): João Bosco um 22 Uhr im Jazz-Club A-Trane. Die Preise sind salzig, aber es lohnt sich! Mein Tipp: Früh da sein und sich ein gutes Plätzchen ergattern!
João Bosco ist wirklich ein echter Gitarrenvirtuose. Ich hoffe er tritt bald wieder in Deutschland auf. Er sollte doch öfter auf tour gehen.