Warum der Platz zwischen Mollstraße und Landsberger Allee im Berliner Ortsteil Friedrichshain „Platz der Vereinten Nationen“ heißt, weiß niemand so recht. Und was nur wenige wissen, 1864 nannte man den Kreuzungsbereich der Nord-Süd-Achse noch Landsberger Platz.
Bekannt sein dürfte er bei vielen Berlinern jedoch als „Leninplatz“. Nach dem Ende des Krieges und der Räumung der Trümmerflächen wurde der Platz 1950 nach dem russischen Revolutionsführer umbenannt. Viel mehr noch, aus Anlass des 100. Geburtstags von Lenin entstand bis 1970 ein völlig neues Stadtquartier mit dem neugestalteten Leninplatz und dem monumentalen Lenin-Denkmal aus poliertem rotem Granit.
Für Lenin war die Diktatur des Proletariats das einzig mögliche demokratische System. Man verehrte ihn unter anderem als Schöpfer des ersten sozialistischen Staates. Aber der sogenannte „Rote Terror“ machte Millionen von Menschen zu Opfern. Lenin gelang es nicht, zum Wohle Russlands Gerechtigkeit und Gleichheit einzuführen – so wie es sein ausdrückliches Ziel war. Stattdessen herrschte Gewalt, Chaos, Anarchie und Unterdrückung.
Deshalb gingen nach der deutschen Wiedervereinigung die Meinungen zu Lenins Herrschaft im Kreml weit auseinander. So sehen noch heute überzeugte „Bolschewisten“, die 1991 gegen den Abriss des Denkmals protestierten, Lenin als Helden an. Andere überklebten noch vor dem Abriss die Straßenschilder und ersetzten sie durch die Bezeichnung „Ritter-Runkel-Platz“, um sich über die Diskussionen zur Umbenennung in „Platz der Vereinen Nationen“ lustig zu machen. Ritter Runkel war zu DDR-Zeiten eine beliebte Comic-Figur.
Granitsteine ersetzen Denkmal
Mag man über den heutigen Namen, der seit März 1992 seine Gültigkeit hat, trefflich streiten, das Lenin-Denkmal ist Geschichte, nur Lenins Kopf ist nach der „Verbannung“ wieder aufgetaucht und ziert eine Ausstellung in der Zitadelle in Spandau.
Seit 1994 liegen stattliche Felsbrocken in einem Brunnen auf dem begrünten Platz, der nach der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) benannt wurde. Auf einer Natursteinfläche sind insgesamt 14 große Findlinge platziert, mit einem Gewicht von bis zu 24 Tonnen. Die groben Granitsteine mit Wassersprudel sollen die fünf bewohnten Erdteile darstellen. Kleine Namensschilder verraten, von welchem Kontinent sie stammen und in welchem Land sie gefunden wurden.
Text und Fotos: Klaus Tolkmitt