Der Südwestfriedhof in Stahnsdorf ist der größte Berliner Friedhof, obwohl er auf Brandenburger Gebiet liegt. Prominente Politiker, Musiker, Schriftsteller, Dichter und Filmemacher, also vor allem Künstler fanden auf dem Stahnsdorfer Friedhof ihre letzte Ruhe.
Man nannte die Bahnstrecke von Berlin-Wannsee nach Stahnsdorf etwas pietätlos „Witwen- und Leichenbahn“, weil sie am Friedhof endete und überwiegend Besucher aus der Hauptstadt beförderte. Die 1913 eröffnete Strecke gehörte von Beginn an zur Stadt-, Ring- und Vorortbahn, der heutigen Berliner S-Bahn. Heute sind von der Bahnanlage nur noch verwaiste Anlagen im Wald gegenüber dem Haupteingang zu finden.
Eine der bekanntesten Persönlichkeiten, die in Stahnsdorf begraben ist, ist Heinrich Zille. In Berlin oft nur „Pinsel-Heinrich“ genannt, gehört er noch heute zu den bekanntesten und beliebtesten Künstlern der Stadt.
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Das Berliner Original war aber gar kein waschechter Berliner, denn er kam erst als 9-Jähriger mit seiner Familie aus Radeburg bei Dresden.Für den Sohn eines Handwerkers und einer Bergmannstocher waren die Kindheitstage von wirtschaftlicher Not geprägt. Schon früh verdiente der junge Zille deshalb mit Gelegenheitsjobs dazu. Er veröffentlicht seine Zeichnungen in den Zeitschriften „Simplicissimus“, „Jugend“ und „Die lustigen Blätter“.
Ebenso früh kam er mit allen Schichten der Bevölkerung zusammen und sammelte Großstadterfahrung. Diese Eindrücke waren es auch, die für sein späteres Schaffen und seine Werke so wichtig werden sollten.
Der Bildband „Mein Milljöh“ sowie die Zyklen „Hurengespräche“ und „Berliner Luft“ erscheinen 1913 und sind bis heute unvergessen. Hier bekommt man einen guten Eindruck von seinem Schaffen. Zilles Popularität findet ihren Höhepunkt in großen Feierlichkeiten zu seinem 70. Geburtstag 1928 mit der Retrospektive „Zilles Werdegang“ im Märkischen Museum. Erst nach seinem Tod wird seine Bedeutung als Fotograf erkannt.
Im Februar 1929 erlitt Zille einen ersten, im Mai einen zweiten Schlaganfall. In der Folgezeit zog sich der Künstler zunehmend zurück und ließ an seiner Wohnungstür mit einer gezeichneten Postkarte in zittriger Handschrift ausrichten: „Bin krank. Bitte keinen Besuch.“
Am 9. August 1929 stirbt Heinrich Zille in Berlin-Charlottenburg und erhält ein Ehrenbegräbnis in Stahnsdorf. Rund 2000 Trauergäste folgten dem Sarg!
Am Eckhaus Sophie-Charlotten-Straße 88 in Charlottenburg ist eine Gedenktafel angebracht. Sie verrät, dass dort einst ein gewisser Heinrich Zille wohnte. Fast 40 Jahre, von 1892 bis 1929, lebte und arbeitete er in einer Wohnung im vierten Stock.
Text und Fotos: Klaus Tolkmitt