Die Rolling Stones im Olympiastadion (22.06.) und ein Hauch von Ewigkeit in der Berliner Luft

Was war das für ein Jammer der hiesigen Journaille, als es im Mai 2017 lautete: die Stones gehen zwar auf Europa-Tour, machen aber einen riesigen Bogen um Berlin. Als es dann noch bekannt wurde, dass wohl die Hansestadt Hamburg den Zuschlag zum Tourauftakt bekam, waren die Berliner sauer und tief gekränkt.

Das Photo wurde zur Verfügung gestellt vom Berliner Photographen, Christian KönnekeRolling Stones am Kottbusser Tor

Wie kann es wohl sein, dass die hochnäsigen Hanseaten in diesen besonderen Genuss kommen? Außerdem standen auf der Tourliste der Deutschlandkonzerte die bayerische Hauptstadt und Düsseldorf, ein Ort, der aus preußischer Perspektive nicht selten als „Düsseldoof“ bezeichnet wird.

Stadtpark Hamburg

Der Veranstalter in Hamburg (FKS Scorpio) legte ein exzellentes Organisations- und Sicherheitskonzept vor, hatte gut geschultes, freundliches Personal für ein Rekordpublikum von 80.000 Zuschauern und dies in Zeiten von Terroranschlägen. Das Konzert in Hamburg wird mehrfach in die Geschichte eingehen. Nach zwei Tagen Regen und Nässe, nachdem unser aller Schuhe schlammüberzogen waren und ich mir schlimme Vorwürfe machte wegen meiner krassen Fehlentscheidung in Sachen Schuhauswahl an jenem Nachmittag, klarte sich der Himmel pünktlich zum Konzert der isländischen Vorband auf, also zwei Stunden bevor die Stones auf die Bühne kamen mit dem Krachertittel „Sympathy for the Devil„.

Danach gab es nicht „nur“ ein heißes und langes Konzert der Rock-Legenden, sondern es gab auch das Nonplusultra für Romantiker, nämlich einen filmreifen Mondschein. Wer sagt’s denn?! Selbst die unterkühlte hanseatische Seele gab sich (wie sonst auch die übrige Welt) der Magie der roten Zunge hin.

Butter bei die Fische

Bei der jetzigen Europa-Tour, die am 17. Mai in Dublin beginnt, taucht die Hauptstadt auch auf und nicht zu knapp. Diesmal ist nicht, wie am 10.06.2015 bei der „14 On Fire“-Tour, die Waldbühne der ausgewählte Ort.

Das Konzert in der Waldbühne im Jahr 1965 (einer der letzten mit dem inzwischen verstorbenen Gitarristen Brian Jones) wurde wegen Tumult abgebrochen. Von der Arena im Walde blieb nicht viel übrig. Die Nachrichten von damals (BR, NDR und SFB) sprachen von „Jugendliche, die zum Teil unter starken Alkoholeinflüssen standen“ und von Unmengen an Papier/Flyer, die von der Stadtreinigung weggetragen werden mussten.

Ob 2018 die Wahl auf das Olympiastadion gefallen ist, um die Berliner Fans von der Kränkung der letzten Tour zu entschädigen, oder die Auswahl aber ganz mondäne Gründe wie zum Beispiel kalendarische hat, werden wir – vielleicht – nie wissen. Dass die schwäbische Metropole Stuttgart eine Woche später die Stones zu Gast hat, wird im Hinblick auf den prestigereichen Auftritt im Olympiastadion zu einer Randnotiz im Stonesfieber- und Vorfreude auf das Gastieren in der Berliner Republik.

Astronomische Preise

Eingefleischte Stones-Fans, meist ältere Semester, beschwerten sich im Netz über die astronomischen Preise fürs Berliner Konzert. Es fängt bei 112 Euro an und nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Nach dem ersten Verkaufstag gab es die Glücklichen, die sich schon vorab beim Ticketverkauf Eventim registrieren ließen, und die Enttäuschten, die mit leeren Händen ausgingen. Die günstigsten Tickets waren schnell weg.

Staff Images/Marco de Paula/Stones Rio 2016
Staff Images/Marco de Paula/Stones Rio 2016

Stones-Fans durften sich ein paar Tage später auf Ebay Eintrittskarten mit astronomischen Preisen bis 2.400 Euro zur Gemüte führen. Der Zorn, vor allem bei denen, die seit Generationen Fans sind und den Stones seit Jahren im Ritual überallhin nachreisen, war groß. Es gibt nicht eine einzige Gesprächsrunde zwischen ihnen, bei der nicht in höchst nostalgischem Ton darüber lange und detailliert erzählt wird, wie viel für das allererste Stones-Konzert bezahlt wurde. 10 D-Mark in Hannover, 15 in Berlin. Das ist lange her.

Natürlich hatten Bild-Zeitungs-Leser schnellen Zugang zu einem Extrakontingent von Bild als Medienpartner des Megaevents, der aber auch den zu schnellen Kauf angeheizt hatte. Mehrere Fans, die sich durch Nervosität und Bange, das Sommerereignis zu verpassen, leiten ließen, bereuen jetzt, zu voreilig so viel Geld für die Stones hingeblättert zu haben.

Fete de La Musique

Die traditionelle, aber in der Hauptstadt immer kleiner werdende Sommerbegrüßung in Form der Fete de La Musique am 21.06. wird wohl aus gutem Grund zumindest im Jahr 2018 in die Bedeutungslosigkeit versinken.

Anstatt Coverbands von Iggy Pop, David Bowie oder Calexico auf den Bürgersteigen der Wiener Straße in Kreuzberg oder Rock Bands im Mauerpark dürfte das Stadtbild von Euphorie, Vorfreude und ein generationübergreifendes Symbol dominiert werden. Schlicht und einfach: eine herausgestreckte Zunge auf T-Shirts, Mützen, Armbändern, Fahrrädern, Motorrädern u.v.a.m.

Väter und Mütter werden ihre Kinder mitbringen. Freunde aus der Schulzeit werden aus vielen anderen Städten zusammen zum Olympiastadion pilgern – ein Stadion, dessen Symbolik im Laufe der Geschichte nicht hätte größer sein können. Als Hauptaustragungsort für die Olympischen Spiele 1936 mitten in der nationalsozialistischen Diktatur, mehrere Jahre später Bühne für das Finale der Fußball-WM 2006, bei dem Italien samt ein überragender Alessandro del Piero Weltmeister wurde.

Das Olympiastadion ist auch seit Jahrzehnten Ort des prestigereichen DFB-Pokal-Endspiels, immer nach dem Ende der Bundesligasaison. Schon bald, am 19.05., finden sich dort den FC Bayern und Eintracht Frankfurt zum Match und den begehrten Pokal ein.

Das Olympiastadion ist (und die Berliner wissen das nur zu gut) schon länger eine Bühne für legendäre Megakonzerte. Die Liste ist beliebig lang: Depeche Mode, Madonna, Pink, Robbie Williams, Pink Floyd mit „The Wall“ und unzählige Male die beste Band der Welt.

Und wenn es wieder heißt „You can’t always get what you want, but if you try sometimes, you get what you need“, oder „I was born on a crossfire hurricane“ oder aber die unerträgliche Leichtigkeit sich ausbreitet mit dem Klang und der Melodie von „I know it’s only Rock ’n‘ Roll but I like it!“ geht durch die Berliner Luft ein Hauch von Ewigkeit, und der Vorsatz “Wir müssen überlegen, welche Welt wir Keith Richards hinterlassen wollen” verschwindet an dem Abend.

 Und wenn wir hören „Start me Up. I’ll never stop“ glauben wir auch –ganz tief und fest– an die Ewigkeit dieser Band, die den Soundtrack unseres Lebens in allen Lebenslagen, immer noch – auch wenn in verschiedenen Nuancen – erstellt.

Berlin, dein Sommer kann kommen!

Die berühmteste Zunge des Musikbusiness im Berliner Stadbild irgendwo zwischen Kreuzberg und Neukölln
Die berühmteste Zunge des Musikbusiness im Berliner Stadbild irgendwo zwischen Kreuzberg und Neukölln

Wir danken dem Berliner Photographen C. Könneke für die Zurverfügungstellung seiner Bilder

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One comment

  1. Rolling Stones haben auf ihren Tourneen immer großartige Spektakel gemacht.

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