Kunst. Photo. Boulevard (und die Bild Zeitung): Neue Ausstellung im Martin-Gropius-Bau

Wie muss Kunst aussehen? Wie genau kann ihrer Bedeutung beigemessen werden? Gibt es eine Rezeptur oder gar eine Gebrauchsanweisung? Weiß die Bild Zeitung was Kultur ist? Nein! Nicht im ursprünglichen Sinne und schon gar nicht unter den Bedingungen diverser Feuilletons-Redaktionen, die Kultur viel zu oft im statisch-konservatischen Sinne definieren, der galoppierenden Globalisierung und der rasanten Geschwindigkeit des Datenzugangs zum Trotz. Früher wurde ein Film zum Fachgeschäft gebracht, um entwickelt zu werden. Heute kann nach einem Klick, das Photo sofort im wilden und grenzenlosen Web, geteilt werden. Instagram, Hallo!

Die Zeitung mit den großen Buchstaben hat den Feuilleton-Chefs frech wie schonungslos vorgeführt, dass nicht das Bild aber eher der Kontext in dem dies aufgenommen wurde, entscheidet, ob es ein Hingucker wird oder nicht und ob es dem Photographen ganz groß rausbringt. Wenn man die Photografen bei der Berlinale am Rande des roten Teppiches im Blitzgewitter sieht – und dem agressiven Ton zu entnehmen – dass es um das große Geld geht und wenn ein Star nicht direkt in die Linse schaut, dann gibt es Abzüge beim Honorar. Die Konkurrenz unter den Photografen selbst, ist immens!

Die Bild Zeitung, ganz besonders ihren Ex-Chefredakteur und Herausgeber, der ehrgeizige Kai Diekmann hat die Sparte „Bilder erzählen Geschichten“ trotz aller Widerstände, Spott und Gelächter anderer Medien, in die Spitze getrieben und vielen konservativen Blättern argwöhnisch hinter sich gelassen. Er zeigte genau wie man aus Bildern, Kapital schlägt, sprich also, wie die Auflage nach oben katapultiert wird.

„KOHL AM TOR, 2014“

Presserundgang

Am 04. Mai wurden die hiesigen Journalisten und Blogger zum Rundgang in den Martin-Gropius-Bau (MGB) eingeladen. Ansprechpartner waren Gereon Sievernich, Direktor des Hauses, der Ausstellungskurator Walter Smerling und der Medienkönig Kai Diekmann. Allein die Anwesenheit von der medialen Allzweckwaffe an diesem Morgen, sorgte für das bisschen rote Teppich Feeling obwohl Diekmann vor kurzem eine Beratertätigkeit beim Taxianbieter Über übernahm, ein Unternehmen welches bisher, nicht gerade für glänzende Schlagzeilen gesorgt hat. In Paris. In Rio. In Berlin.

Diekmann bleibt aber eine mediale Galionsfigur schlechthin. Mal trifft er sich mit Michael Gorbatschow, dann postet er am Feiertag des 1. Mai auf seinem Twitteraccount ein Photo mit Journalisten aus der Türkei oder fungiert als Moderator für Symposien, bei denen um die Medien geht, wie im letzten Jahr beim M100 Sanssouci Colloquium. Nicht zu vergessen, der ehrgeizige Kai wurde, unabhängig von Vergangenheit und Zukufnt, auf der Außenwand der Tageszeitung (Die Taz) in der Rudi-Dutschke-Straße, zwar wegen ganz anderer Attribute durch den Kakao gezogen, aber immerhin verewigt.

Der Abendschaureporter Christian Titze war auch beim Rundgang dabei und hatte den mächtigen Mann vor seinem Mikrophon, der im routinierten selbstbewussten Ton, sagte: „Die Zeitung heißt ja Bild und nicht Texte oder Schlagzeile und es hat eben mit der herausragende Bedeutung von Photos in dieser Zeitung zu tun, genauso wie man sich für besondere Themen, um besondere Autoren kümmert, was uns auch immer wichtig ist“. Also obwohl er schon nicht mehr auf der Gehaltsliste vom Axel Springer Verlag steht, stolziert er von lauter Corporate Identity.

Der Kurator, Walter Smerling, versuchte der Ausstellung einem philosophischen Klang zu geben: „Der Künstler ist daran interessiert, Beifall zu erhalten, Beifall im Sinne von Interesse“ und zitierte keinen geringere als Josef Beuß: „Die Steigerungsform vom Interesse ist Liebe! Das suchen die Künstler“, so die kulturmedialischen Rechtfertigung. Was wird man schon gegen die Liebe sagen? Bitte!

Gerhard Schröder und Kai Diekmann - Berlin 2012 (Credit: Frank Zauritz)
Gerhard Schröder und Kai Diekmann – Berlin 2012 (Credit: Frank Zauritz)

Am Freitag (05.05.2017) ging die Ausstellung „Foto, Kunst, Boulevard“ im prestigereichen Martin-Gropius Bau an den Start. Am Abend des 04. war die begehrte Eröffnung. Einige abgebildete Personen waren leibhaftig vor Ort. Unter anderem, der Bundeskanzler a. D, Gerhard Schröder. Der Sozialdemokrat machte sich den langen Weg aus der Weltmetropole Hannover in die Hauptstadt ohne Großflughalfen. So einen (inzwischen) weltweiten Ruhm muss eine Großstadt ersteinmal erlangen!

Als Kumpel vom ehemaligen Herausgeber der Bild durfte Schröder bei diesem Anlass nicht fehlen. Auch deshalb weil ihm wohl der größte Platz in der Ausstellung gewidmet wird. Auf den Flyern als Promo, geben sich die Schauspielerin Sonja Kirschberger und Schauspieler Udo Kier die Ehre.

Der größte Platz im zweiten Raum der Ausstellung zeigt den ehemaligen Kanzler vor einer Wand, bestehend aus einer Collage von über mehreren Jahren der Kanzlerschaft – des Sozialdemokraten – graphisch überworfen mit Überschriften aus politischen und persönlichen Motiven. Zum Beispiel, als das ehemalige Paar Schröder ein „zusätzliches russisches Kind zu sich nach Hause“ holte oder aber auch als Schröder, mittels politischem Kalkül die Vertrauensfrage gestellt hatte, ähnlich wie die britische Premierministerin May gerade es mit dem Ausrufen von Neuwahlen getan hat, um sich starken Rückenwind für einen harten BREXIT zu besorgen.

Die „Vielseitigkeit“ der Headlines der Bild-Zeitung bei der Schröder Collage kann man schmunzelnd betrachten und diese stammt aus dem besonders heißen Sommer im Jahr 2001. „Wir bekommen einen Sonnenstich! Kanzler, tu was!“ als hätte der Kanzler einen besonderen Draht zu Petrus. Die Bild Zeitung druckte auf der selben Seite, Lösungsvorschläge: Es sind
– Hitzefrei für Alle!“
– Himbeereis auf Krankenschein!“.
– Freibier, Freibier, Freibier“

Vor der Collagenwand ist der Medienkanzler in seinem Element und strahlt übers ganze Gesicht. Dahinter sieht der Betrachter, den sich hervorstechenden Kopf von Diekmann. Wenn man sich das Bild anschaut, kann man sich gar nicht vorstellen, dass zum Ende seiner Kanzlerschaft, der Sozialdemokrat ein solch herzliches Verhältnis zur Bild hatte, wie der gegenwärtige Sigmar Gabriel zur ZDF-Frontfrau Marietta Slomka. Aber 2012 ließ sich der Medienkanzler mit Diekmann von Frank Zauritz photographieren. Alles Schnee von gestern!

In der „politischen Ecke“  hängen außerdem Bilder namhafter (mehr oder weniger Volksvertreter) wie zum Beispiel „Das Trio Infernale“ der FDP mit Westerwelle (links), Genscher (Mitte) und Rösler (rechts) sitzend auf der Couch auf die Kamera lächelnd. Dem – zweifelsohne – historischem Photo wurde der Name „Last Performance“  verliehen und ist ein Hingucker und ein Grund dort zu verweilen. Auch das bemerkenswerte Photo des Frank Zauritz, mit Finanzminister Schäuble sitzend auf seinem Rollstuhl auf der Terrasse des deutschen Bundestages ist ein Hingucker. Man mag der CDU besonnen sein oder nicht. Unstreitig und bemerkenswert ist allemal wie lange und wie hartnäckig dieser Mann Deutschland dient. Es darf hier daran erinnert werden, dass bei der Verhandlung zum Einheitsvertrag, Schäuble es war, welcher seitens der Bundesrepublik die Verhandlungen führte.

Für Liebhaber des Sports, Musik und Showbizz und Sophia Tomalla bietet die Ausstellung eine Zahl von 65 Bildern, diese Nummer in Anlehnung auf das diesjährige Jubiläum von 65 Jahren der Bild Zeitung. Alle Fotos sind aus den letzten 15 Jahren.

Martin Schoeller – Ausstellung Foto.Kunst.Boulevard.
1. PETER MAFFAY, 2016, 2. ANGELA MERKEL, 2010, 3. IRIS BERBEN, 2017, 4. THOMAS GOTTSCHALK, 2016, 5. JOACHIM LÖW, 2017 – Ausstellung Foto. Kunst. Boulevard.“ im Martin Gropiusbau

Stars!

Bei ihren Aufenthalten haben Superstar Justin Timberlake, Der Pferdeflüsterer Kevin Costner, und Schauspielschönheit Cameron Diaz sich auf der höchsten Stelle des Gebäudes in der Kochstraße verewigen lassen. „3 Minuten mit…“ lautet der Titel der Arbeiten einer phantasievollen Phtografin Kiki Kausch, die Photografin der Hollywood Stars.

Auch Wladimir Klitschko ist in der Ausstellung zu sehen. Sowie „Wetten Dass“ – Moderator a.D, Thomas Gottschalk, Schauspielerin Iris Berben, ihr Kollege, ein Juwel der deutschen Schauspielkunst, Mario Adorf, der Coach der Nationalelf, Joachim Löw und natürlich, die deutsche Bundeskanzlerin, Fr. Dr. Merkel. Die ist für diese Ausstellung geradezu ein Qualitätssiegel denn wo die Kanzlerin sich ablichten läßt, kann so schlecht nicht sein!

Entwarnung!

Vom „Wer wird Millionär“ Moderator Günther Jauch ist kein Photo vorhanden. Yippie Yippie Yeah!

Auch die C-Promis haben es geschafft. Sophia Tomalla wurde – aufgrund ihrer unzähligen freizügig geposteten Photos auf Instagram – ihrer inzwischen legendären langen Beinen – verewigt. Über die sozialen Medien schaffte die talentfreie Schauspielerin hier dabei zu sein. Wer sagt’s denn?

Das Beste Bild

Nicht die Stars, nicht die Sportler und schon gar nicht die C-Promis stellen das beeindrückende Bild dieser Ausstellung. Der Photograph Peter Müller stelltt das photographische Meisterwerk dieser Ausstellung. Im Freetown, Hauptstadt vom bitterarmen afrikanischen Land Sierra Leone hat er den Moment festgehalten, als ein behinderter Junge versucht, mit dem einzigen Bein, was ihm bliebt, ein bisschen Fußball zu erahnen. Die verlassene und einsame Gegend samt kaputte Torlatte. Ein deprimierendes Bild. Nein! Peter Müller war glücklich in dessen Benennung: „Lebensmut“!

Die Ausstellung im MGB ist allemal sehenswert und nicht weniger unterhaltsam. Ein bisschen Voyeurismus (so wie sich das Publikum auch verhält wenn Stars auf dem roten Teppich entlang laufen) darf auch mal sein.

Link: MGB17 Foto-Kunst-Boulevard

Peter Müller – Ausstellung Foto.Kunst.Boulevard.
Peter Müller – Ausstellung Foto.Kunst.Boulevard.

About Fatima Lacerda

Kultur, Fußball, Musik sind meine Leidenschaften. Reiseberichte sind ein Genuss!

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One comment

  1. Hallo
    wir meine Familie 5 Personen haben ein kurz Tripp nach Berlin an einem langen Wochenende gemacht, alle waren zufrieden und haben interessantes entdeckt. Das war bestimmt nicht das letzte mal am nächsten langen Wochenende unternehmen wir einmal was anderes Ferienhaus
    und schauen dort vorbei.
    LG

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