25 Jahre nach dem Mauerfall : lumbricida berliniensis vom Aussterben bedroht !

Der l.b. (vulgo : Berliner Steinbeißer) ist wohl eine ganz spezielle Unterart der von Bernhard Grzimek 1976 erstmals vorgestellten Steinlaus, die seitdem aus keinem Fachlexikon mehr wegzudenken ist. (Pschyrembel ab 256. Auflage). Wo der l.b. zuerst auftauchte und welche Unterarten er seitdem gebildet hat, muss endliche einmal im Internet dokumentiert werden :

Skeptiker werden  ihren Kenntnissen der heimischen Fauna nicht trauen, alldieweil bisher noch kein Exemplar der l.b. abgelichtet werden konnte, aber das Presse- und Informationsamt der Stadt Berlin ist als Quelle doch wohl über jeden Zweifel erhaben! Von selbigem ist im Jahr 1992 das BERLIN HANDBUCH veröffentlicht worden, ein veritabler Wälzer von über 1500 Seiten und 2,3 kg, der keine Fragen zum Thema BERLIN offenlässt.

BERLIN HANDBUCH (1440 Stichwörter - 12 Hauptartikel)
BERLIN HANDBUCH (1440 Stichwörter – 12 Hauptartikel)

Es ist zwar seitdem keine Neuauflage mehr erschienen – nunmehr informiert man sich wohl in leichteren Medien, aber damals erfuhr der verdutzte Leser auf Seite 113 (zwischen den Stichwörten Berliner Stadtreinigung und Berliner Verkehrsbetriebe) erstmals von der Existenz des Berliner Steinbeißers. Diese Spezies hatte sich am 9. November 1989 durch eine überraschende Zufallskreuzung zwischen l. ossiensis und l. wessiensis gebildet, ernährt sich überwiegend von Teilen der ehemaligen Grenzmauer und hat so zum schnellen Abbau derselben beigetragen. Die Annahme, dass dafür eine Unterart der Spechte verantwortlich war, ist damit wohl vom Tisch.

S. 113 des BERLIN HANDBUCHS
S. 113 des BERLIN HANDBUCHS

Da der Berliner Steinbeißer scheinbar kein Kostverächter ist, wird ihm auch der – damalige -Rohbau in der Friedrichstraße, das Stadion der Weltjugend und der Palast der Republik angelastet, resp. das Verschwinden derselben.

Aber nun – im Jahr 25 nach seiner Entdeckung – werden seine Nahrungsressourcen  immer kleiner, er scheint akut vom Aussterben bedroht. Dem Autor ist nach mühevoller Recherche gelungen, einige letzte Reservate zu entdecken. Mühevoll insofern, weil die üblichen, stolz präsentierten Mauerreste in der Bernauer – und Mühlenstraße vom Denkmalsschutz mit einer für den l.b. unverträglichen Konservierungsmasse behandelt worden sind.

Hier also die letzten Rückzugsgebiete des l.b. an der Rudower Höhe (Grenze zwischen Alt-Glienicke und Rudow) :

Sind das die letzten Nahrungsreserven des lumbricida berliensis ?
Sind das die letzten Nahrungsreserven des lumbricida berliensis ?

Der Senat von Berlin scheint sich seiner Verantwortung wohl bewusst zu sein, hinter verschlossenen Türen wird fieberhaft zusammen mit den bekannten Organisationen (BUND, Peta, Greenpeace usw.) über das Problem diskutiert, nach außen hin wird die Problematik aber geleugnet, denn man will bei den aufkeimenden Gerüchten, der l.b. könne sich an Neubauten gewöhnen, keiner zusätzlichen Panik Vorschub leisten. Möglicherweise haben einige Exemplare schon den Weg zur BER-Baustelle gefunden, was eine Erklärung für die allgemeine Ratlosigkeit der Fachleute wäre. Immerhin haben Tierschützer in Rudow (5 km Luftlinie zum BER !) einen Schutzzaun zur Schonung der letzten Paare errichtet.

Das abgezäunte, letzte Reservat des Berliner Steinbeißers.
Das abgezäunte, letzte Reservat des Berliner Steinbeißers.

Addendum

Den Biologie-ExpertInnen wird Folgendes aufgefallen sein:  Die 1972 erstmals vorgestellte Steinlaus gehört zur Gruppe der anoplura, also Insekten, während der l.b. nach Berichten des Presse- und Informationsamtes von den Würmern (vermes) abstammen soll. Normalerweise kreuzen sich diese Gattungen nicht. Entweder irrt das P & I-Amt des Senats (wäre nicht das erste Mal) oder es handelt sich um eine neuartige Mutation, möglicherweise durch Tschernobyl ausgelöst. Hier ist also noch jede Menge Doktoranden-Material, meine Damen und Herren!

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No comments

  1. Dereinst werden wir diese seltene Tierart wohl nur mehr im Zoo bestaunen können.
    Schade, schade.
    Die heimische Fauna wird um eine weitere Spezies dezimiert.
    LG

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