Berlinale 2013 – Ein Zwischenstand

Mehr als 250.000 Kinokarten wurden bisher verkauft. Wenn es um Kultur geht, kennen die Berliner keine Hindernisse: Seien die klimatischer, zeitlicher oder irgendwelcher Natur. Beim operativen Berlinalealltag ergibt sich teilweise ein anderes Bild: Die Filme im Wettbewerb im Rennen um die Bären waren  seit langem nie so schwach. Insgesamt 4 von den insgesamt 19 Wettbewerbsfilmen laufen bereits in den Kinos in den USA, was die Attraktivität für die Darsteller nach Berlin zu kommen erheblich geringer macht.

Die Ausnahme machte Schauspieler Matt Damon, der sich die Ehre gab den von ihm produzierten Film „Promised Land“. Damon machte eine sehr gute Figur bei der Pressekonferenz. Gefragt von einer Journalistin ob er davon gehört habe, dass Berlin versuche einen Flughafen zu bauen, antwortete er: „Als ich vor 10 Jahren hier war, sagte man mir ein neuer Flughafen werde in 5 Jahren fertig sein“ und erntete lautes Lachen von den Journalisten. Damon erklärt weiter, er habe die Nase voll stundenlang in Frankfurt auf seine Maschine nach Berlin zu warten und wagte die Schleichwerbung: „Die American Airlines fliegt 4 mal wöchentlich direkt nach Berlin. Wenn ich nächsten Monat hierher zum Arbeiten komme (damit ist der neue Film von seinem Kumpel George Clooney gemeint) werde ich in einer dieser Maschinen sitzen.“ Damit war die Flughafendiskussion – jedenfalls vorerst- beendet.

Sektionen übergreifen ist dies, sicherlich, eine Berlinale der Frauen. Unabhängig von Altersgruppen, sozialer Schichten und geographischen Herkunft befinden sich Frauen auf dem Weg nach dem ganz persönlichen Glück, und wie könnte es anders sein, nicht ohne jede Menge Hindernisse.  Im französischen Beitrag „Camille Claudel 1915“ ist Juliette Binoche herausragend in der Rolle der zwischen Wahnsinn und die wenigen Momente kurz davor.  Im chilenischen Beitrag „Gloria“, spielt Paulina García eine Frau um die 60, die sich schlicht verweigert sich damit abzufinden, dass der Spaß im Leben worüber ist. Das Rennen um den silbernen Bären für die beste Hauptdarstellerin dürfte sich zwischen Chile und Frankreich abspielen. Vielleicht macht ihnen aber Rumänien mit dem Film „Child’s Pose“ einen Strich durch die Rechnung und Hausptdarstellerin Luminita Gheorghiu darf den silbernen Bären nach Bukarest mitnehmen.

Der Kinobesucher kommt in diesem Jahr weniger auf seine Kosten wenn es um anschließenden Diskussionen geht. Oft wird mit dem Film spät angefangen. Der nächste Film wartet nicht und draußen warten, sehr wohl viele Zuschauer. Das hat zur Folge, dass die Diskussionen immer knapper gehalten werden und viele Fragen gar nicht erst gestellt werden können. Manche Moderatoren sind oft zu angespannt und stellen selbst so viele Fragen, dass die Kinozuschauer in die Röhre schauen lässt. Auch die wunderbare Generation Lounge, bisher Treffpunkt für Cineasten, Darsteller und Journalisten der so sympathischen Sektion gibt es nicht mehr. Es fehlt also eine wichtige Anlaufstelle und ein sehr netter Treffpunkt dazu.

Ein richtig gelungenes Vorhaben ist die ZDF-Lounge, ein Medientreffpunkt im Erdgeschoss des Hyatt Hotels. Dort trifft man auf Programmmacher, alte und neue Kollegen in entspannter aber keineswegs gelangweilter Atmosphäre, die kulinarisch abgerundet wird. Apropos Essen… Die Sektion Kulinarisches Kino, ein Herzensprojekt vom bekannteste Mitglied der Slow Food Bewegung, Dieter Kosslick, hat sich als eine geschlossene Gesellschaft entpuppt. Vollkommen verständlich, dass die Gäste die einen salzigen Preis für ein 5-Gänge-Menü bezahlen, die entsprechende Atmosphäre und die entsprechende Bedienung haben möchten. Chefs von überall der Republik (Tim Raue, Kolja Kleeberg)  zaubern -je nach Filmthema-  edle Menüs . Für Pressevertreter über diese Reihe, vor Ort, zu berichten wird immer mühseliger und nerviger. Lediglich einen Platz am runden Stehtisch zur Talkrunde um 22:oo Uhr wird einem in Aussicht gestellt. Mitten im Durchzug bei gerade mal ein Glas Wein darf darüber berichtet werden. Die Reihe Kulinarisches Kino ist auf dem besten Weg zu einer buchstäblichen geschlossenen Gesellschaft zu werden. Auch dann, wenn der Gründer, Kopf und Herz der Slow Food Bewegung, Carlo Petrini, sich in Berlin aufhält und uns reichlich über die Machenschaften der Lebensmittelindustrie berichtet.

Einer der Hauptsponsoren, BMW hat im 1. OG des Hyatt eine Lounge eingerichtet. Braucht jedes A-Festival eine Promiecke? Klar! Wenn aber das Prozedere des Rein- und Rauslassens, wie oft und an welchem Tag, auf das Rasenmäherprinzip basiert, dann ist vorprogrammiert, das sich im hektischen Eingangstresen unschöne, geradezu herab würdigende Szenen immer wieder ereignen. Der Unmut nicht nur unter Journalisten über den Umgang ist groß und eine Besserung im Sinne von Vorabplanung und konkreter Absprache ist offenbar nicht beabsichtigt.  Ach, wie schön waren die Zeiten, als die Stars vom roten Teppich noch aus den – in Wolfsburg fabrizierten Autos – ausstiegen!

Als Highlight um die Berlinale gilt sicher die Cocobello-Lounge, gestellt von einem anderen Hauptsponsoren, L’Oreal mitten auf dem Potsdmer Platz gegenüber dem Boulevard der Stars. Dort kann sich Frau von professionellen Make-Up-Stylistinnen beraten und verschönern lassen. Das gilt für jede Frau in dieser Stadt. Ein Tag Glamour bieten Topstylistinnen wie Anja und Ricarda. Am Eingang der Lounge stehen Sabine und Kathleen, zwei sehr sympathische Hostessen, von 10 bis 19 Uhr immer freundlich und mit einer Engelsgeduld zur Terminverabredung empfangen und mit einem kleinen Geschenk wieder verabschieden. Auch das unterscheidet Berlin von Cannes und Venedig. Das Publikum ist Teil des Geschehens. Manchmal mehr manchmal weniger.

About Fatima Lacerda

Kultur, Fußball, Musik sind meine Leidenschaften. Reiseberichte sind ein Genuss!

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