Buchbesprechung: Kriegstagebuch einer Berliner Göre – 1943 bis 1945

Unsere heutige Buchbesprechung dreht sich um eine „Berliner Göre“ in der Jahren 1943 bis 1945 in Berlin und Umland. Es ist das Tagebuch eines damals 13-15 Jahre alten Mädchens zur Zeit des 2.Weltkrieges. Publiziert wurde dieses Werk 2019 mit weiteren persönlichen Ergänzungen.

Das Tagebuch wurde geschrieben von einem Mädchen, welches auf den einen Seite vom Krieg angewidert ist, sich in den letzten Kriegsmonaten fast täglich auf dem Weg zum Luftschutzbunker begeben musste und dort verweilen muss unter dem Höllenlärm der Sirenen und Bombern. Dort der Enge, Atemnot, Hunger und einer Hoffnungslosigkeit ausgeliefert zu sein. Auf der anderen Seite legt sie die Faszination da, mit derer sie und andere Kinder vom Führer und der Partei um den Finger gewickelt wurden. Die Uniformen, die Gemeinschaft, große Auftritte wie im Berliner Olympiastadion hinterließen Spuren vor dem Krieg und in die ersten Kriegsjahre hinein. Das wird besonders in den Ergänzungen  ersichtlich, in denen oft die damaligen Lieder und Gedichte thematisiert werden, welche heute sichtbar eine manipulative Komponente zum Kindersoldatentum haben.

Das Tagebuch beginnt Ende 1943 in Berlin-Kreuzberg. Die Familie besteht aus Mutter, Vater und drei Kindern, eins davon ist Margit. Der Vater ist Soldat an der Front und gibt anfangs noch Lebenszeichen von sich. Berlin wird von vielen Bombenangriffen heimgesucht und dementsprechend gibt es viele Aktivitäten der Alarmsirenen. Da es für die Kinder in Berlin immer gefährlicher wurde, mussten diese ins Umland ausweichen und dort eine Schule/Internat aufsuchen. Margit verschlug es nach Pakosch, circa 350 km Luftlinie von Berlin in östlicher Richtung im heutigen Polen. Hielt es dort aber nur ein Schuljahr aus und kehrte nach Berlin bzw. Neuruppin zurück. Letztendlich rückt im Mai 1945 das Ende des Krieges näher mit der großen Angst vor den Russen. Das Tagebuch endet im September 1945 mit den Sorgen und Hoffnungen des Nachkriegsalltags.

Cover: Kriegstagebuch einer Berliner Göre 1943 bis 1945
Cover: Kriegstagebuch einer Berliner Göre 1943 bis 1945

Das Tagebuch hat kurze und lange Einträge teilweise über mehrere Seiten hinweg, teilweise folgen Tage aufeinander – ein anderes Mal sind Wochen dazwischen. Das Lesen des Werkes war ambivalent, hauptsächlich wegen dem Kontext der Geschichte. Ein Jeder hat heutzutage in der Schule Geschichtsunterricht und gerade auch mit diesem dunklen Kapitel der deutschen Geschichte Kontakt. Andererseits schreibt eine damals junge Zeitzeugin aus dem damaligen „Alltag“ und der Leser hat Fragen im Kopf, warum es alles so gekommen ist wie es gekommen ist. Wäre das alles nicht gewesen, wie hätte dann das Leben der „Berliner Göre“ und im weitesten Sinne überhaupt in der Welt ausgesehen? Der Begriff „Berliner Göre“ kommt tatsächlich mehrmals im Buch vor, weil sie in den Augen anderer in bestimmten Situationen einfach ein freches Mädchen war.

Wünschenswert wären Bilder/Fotos innerhalb des Buches gewesen, vom Wohnort/Umgebung damals und heute. Insgesamt eine interessante Lektüre, die gerade für kommenden Generationen wichtig wird. Das Buch ist erhältlich im gut sortierten Buchhandel oder direkt beim Verlag. Interessanterweise wurde das Buch in Inowrocław (dt. Hohensalza, im heutigen Polen) gedruckt und gebunden, Nahe der Stadt Radosch (heute: Pakość). So schließt sich der Kreis.

Titelinfos:
Margit Helga Anna Bauszus
Kriegstagebuch einer Berliner Göre – 1942 bis 1945
Verlag: agenda Münster; Auflage: 1 (20. September 2019)
Umfang: 118 Seiten
ISBN: 978-389688-646-0,

About waldnase

Komme aus der Provinz und seit 1999 Berliner! Mich interessiert hauptsächlich Geschichtliches und Kreatives aus der spannendsten Metropole Deutschlands.

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One comment

  1. ich finde das Thema sehr interessant. ich denke darüber kann man nie genug erfahren. ich verschlinge solche Bücher

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