Die Ironie könnte nicht größer sein. Berlin hat die größte Tourismusmesse der Welt aber keinen Großflughafen. Ausgerechnet in der Woche der Messe wurde von der Gewerkschaft Verdi und von der Belegschaft ein Arbeitskampf ausgerufen. Die MitarbeiterInnen des Bodenpersonals auf allen Flughäfen in Deutschland wollen 1 Euro mehr die Stunde. Die Arbeitgeber wollen nur ein Bruchteil davon geben und so kommt es unvermeidlich zum Tarifkonflikt.
Die Ankündigung über den Streik hat viele Aussteller die Rückreise vorziehen lassen. Es mag sein, dass das für die Hotelbetreiber ein gutes Geschäft war, weil die bereits bezahlten Zimmer früher leer wurden und schnell wieder vermietet werden konnten, der Messe tat dies, nicht gut. Gewöhnlich ist der Freitag (der letzte Tag fürs Fachpublikum) der lebendigste Tag der ITB. Der Streik an diesem Tag hatte nicht nur einen Beigeschmack für BesucherInnen, die vor leeren oder halb besetzten Ständen standen, sondern wirkte sich negativ auf die gesamte Atmosphäre aus.
Ein Rundgang
Durch die Zunahme der Ausstellerzahl müssten die Lateinamerika-Stände umziehen. Anstatt in Halle 1, sind sie jetzt in den Hallen 22 und 23 untergebracht worden. Somit braucht man keine Shuttlebusse mehr. Gleichwohl sind die Fahrten entweder mit der grünen oder blauen Linie, bei der kulturellen Vielfalt, oft sehr amüsant. Aber nicht in diesem Jahr. Es schien also – neben der unübersichtlichen Weltlage – als stände die ITB in diesem Jahr unter keinem guten Stern.
Es waren lediglich die Hallen von Lateinamerika, die für ein wenig Erheiterung gesorgt hatten. Allerdings ist – schmerzlich – zu vermelden, dass die aktuelle ökonomische und politische Krise in Brasilien, zum Beispiel, eine radikale Minimierung des Kulturprogramms zur Folge hatte. Die Capoeira (stammend aus Bahia) und Frevo (aus dem Bundesstaat Recife) blieben fern. Zur Happy Hour, am Freitag, gab es auch keine musikalische Performance. Auch die Cateringfirma, die gewöhnlich für das leibliche Wohl sorgte, wurde gewechselt. Die begehrten Käsebällchen und Hähnchentaschen (ähnlich den argentinischen Empanadas) wurden zwar serviert, schmeckten aber sehr gewöhnungsbedürftig.
An dem Stand von Chile, einer der besten auf der ITB, gab es „Pisco Sour“ (Ein Destillat aus Traubenmost, eines in der Region beliebten Getränks). Die Happy Hour wurde moderiert von einem sympathischen Chilenen, der die kulturellen Eigenschaften und Historie des beliebten Getränks, mit Hilfe einer modernen Sprechanlage, erläuterte.
Auf dem Stand von Honduras, gab es traditionell gekleidete Tänzerinnen, die mit geheimnisvollen Handinstrumenten durch die Halle gingen und die Aufmerksamkeit auf sich zogen.
Am Stand von Paraguay gab es diesmal nicht die leckeren und frisch gepressten Säfte, aber etwas mit Schuss. Ich fühlte mich nicht dazu animiert, es zu probieren.
In den afrikanischen Hallen (20 und 21), wo es sonst freitags so laut ist, dass man sein eigenes Wort nicht versteht, ging es 2017 beschaulich zu. Der Stand von Kenia ist legendär für die Parties Freitag Nachmittags, mit allem was das Ohr und der Magen begehrt. Diesmal gab es lediglich ein Stück Bitterschokolade, die zwar super lecker war – aber ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Auffällig…
Im Zeichen des Terrors, politischer Spannungen und der Absicht eine Mauer zu bauen, herrschte auf der Messe eine allgemeine Verunsicherung. Sicherlich nicht nur dort, aber Länder wie Ungarn, die arabischen Staaten und Länder wie Ägypten, Irak und Iran haben es besonders schwer, eine gute Figur zu machen. Man kann geschäftstüchtig sein aber die Meldungen über IS-Truppen, Menschenrechtsverletzungen und massive Einschränkungen der Pressefreiheit, wie wir zur Zeit – im besonderen Masse – in der Türkei feststellen müssen, machen es schwer, diese Länder als „attraktiv“ zu verkaufen, insbesondere für deutsche Touristen.
Ein Licht in Europa
Während das Hausschild im Hause Europa schief hängt, bleibt die Schweiz davon unberührt. Sagen wir, eine Oase mitten in den Alpen. Gibt es nicht? Gibt es doch! Am knallroten Pavillon war – auch am Freitag – die Stimmung prächtig. Die Schweizer können es; gleichermaßen herzlich und geschäftstüchtig sein. „Chaplin’s World“ ein Museum in der Nähe von Vevey, einer besonders edlen Ecke am Genfer See, präsentiert den gesamten Nachlass des Ausnahmekünstlers, einschließlich der ersten Geige, die Chaplin kaufte, seinen Schreibtisch und diverse Filmutensilien.
Good to know
Eine geheime Quelle flüsterte mir ins Ohr, dass für die nächste Ausgabe der ITB, eine Mini-Schokoladenfabrik als Ergänzung für den – ohnehin – geschmackvoll und imposanten Stand des Alpenlandes, geplant sei. Das lässt hoffen aber auch wünschen, dass die nächste Ausgabe der ITB unter einem besseren Stern stattfinden kann.