Bahnhofsnamen in Berlin – immer logisch?

Wer annimmt, dass die Namen von Berlins Bahnhöfen alle in Stein gemeißelt sind, der ist auf dem Holzweg.Natürlich gibt es Traditionsnamen, die Keiner ändern würde wie z.B. Alexanderplatz (Literarische Größe) oder Bahnhof Zoo (wegen der „Kinder vom …“), aber spätestens seit BVG und Deutsche Bahn im Verbund fahren, wird munter umgetextet, und das nicht immer mit nachvollziehbaren Kriterien. Ich meine jetzt nicht die Rückbenennung kommunistischer Namenspaten, das war schon immer eine Posse wie bei der Stalin- oder Lenin-Allee, sondern eigenmächtige Abschaffung bewährter Namen wie Witzleben und Eichkamp. Wenn der Name auf etwas hinweisen soll, was aktuell in der Nähe ist, müsste auch Oskar-Helene-Heim umbenannt werden, oder die Köllnische Heide. Aber wollen wir das?

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Die Zeilen würde ich auswechseln !

Besonders wild trieb es die BVG längs der alten Stalin-Allee, teilweise mit Ausschreibungen ( Ergebnis = Weberwiese), teilweise mit Argumenten, man könne Bahnhöfe verwechseln (Frankfurter Tor wurde in Rathaus Friedrichshain umbenannt). Dann zog das Rathaus um, jetzt heißt er wieder Frankfurter Tor.

Von wegen Verwechseln: Verwechseln kann man in Berlin ja so Einiges, da kommt es auf einen Bahnhof mehr oder weniger nicht an. Beispiele gefällig?

Kurfürstendamm vs Kurfürstenstrasse

Blankenburg vs Blankenfelde

Westend vs Westkreuz

Neukölln vs Rathaus Neukölln

Birkenstein vs Birkenwerder

Ostbahnhof vs Ostkreuz  

Olympiastadion vs Olympia-Stadion

Letztere sind tatsächlich zwei verschiedene Bahnhöfe (S-Bahn und U-Bahn), die 1 km weit auseinander liegen. Hier könnte der VBB die beliebte Silbe –West und –Ost anhängen, wie er es bei Lichterfelde und Messe so schön vormacht. Bei Friedrichsfelde und Biesdorf hat er es aber nicht konsequent betrieben, deshalb ja diese Streitschrift. Etwas mehr Logik wäre also angebracht.

Rückblick:

In Berlin hatte es die S-Bahn bisher ein bisschen einfacher : Die Stationen liegen weiter auseinander, deshalb konnte man einfach einen Bezirksnamen nehmen (Schmargendorf, Wilmersdorf, Zehlendorf, Nikolassee, Wannsee etc.) und hatte nicht das Problem mit den ständigen Umbenennungen im Straßenland, das bei der BVG immer zu neuen Schildern geführt hat (Nürnberger Platz, Reichskanzler Platz, Knie etc.). Mit Einführung des Verkehrsverbundes wurden dann auch S-Bahnhöfe den oft darunterliegenden U-Bahnhöfen angepasst, also Wilmersdorf in Bundesallee, Schmargendorf in Heidelberger Platz und Großgörschenstraße in Yorckstraße. Allerdings handelt man sich damit gelegentlichen Schilderwechsel ein, weil Straßennamen schneller in Ungnade fallen als Bezirksnamen. Außerdem werden Straßennamen aus „political correctness“ immer länger, da ist man schon froh, dass es keine Station Marie-Elisabeth-Lüders-Haus oder Anna-Louisa-Karch-Straße gibt.

Kurios:

Vor langen Schildern hat man bei der S-Bahn scheinbar keine Angst, denn an einigen Stationen wird, wie sinnig, das Wort Berlin vorgesetzt, also am Bahnhof Berlin-Neukölln oder Berlin-Frankfurter Allee. Eigentlich sollten Verkehrsteilnehmer ja schon mitgekriegt haben, dass sie in Berlin sind, sinnvoller fände ich es dagegen, wenn Bahnhöfe außerhalb Berlins (Tarifgebiet C) deutlicher markiert wären, also Eichwalde oder Fredersdorf bei Berlin (wie z.B. in Neuenhagen).

Mein Vorschlag:

Öfter mal die Kunden fragen und dabei nach kurzen und knackigen Zwei-Silben-Worten Ausschau halten, die sich nicht auf einen änderbaren Straßennamen beziehen – z.B. wie Kranzler, Rixdorf, Checkpoint Charlie oder Reichstag. Das wäre dann auch für die leichter, die Deutsch nicht mit der Muttermilch aufgesogen haben – wir wollen ja schließlich Metropole werden!

Kleine, gehässige Erinnerung:

Einmal ist der Senat mit einer Umbenennung – nach ca. 6 Monaten – grandios gescheitert:

Aus dem Kaiserdamm sollte Adenauerdamm werden!

Alle Geschäfte haben sich geweigert, diesen Namen im Briefkopf zu übernehmen, die Straßenschilder wurden immer wieder überklebt. Skandal ! Hilfsweise wurde dann eben ein kleiner Platz, der durch Verschwenkung der Wilmersdorfer Straße neu entstand, als Adenauerplatz  benannt (müsste heute sicher Konrad-Hermann-Joseph-Adenauer-Platz dran stehen). Ist halt nicht einfach, es allen recht zu machen ….

Jetzt wüsst´ ich nur gern, wo die Bahnhofsschilder geblieben sind, haben heute sicher Sammlerwert wie klassische Fehldrucke.

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2 comments

  1. Hallo der Beitrag oben war sehr informativ. Ist mir gar nicht aufgefallen das die Namensgebung so oft wechselt. Es gibt ja auch mehrere Karl Marx Strassen, oder Pichelsdorfer Strassen. Die Bahnstrecke zwischen und Bahnhöfe sind mir geläufig. Ich muss mal darauf achten.

  2. Nun lebe ich über 20 Jahre in dieser Stadt und das mit Olympiastadion und Olympia-Stadion wusste ich noch nicht. Das hat wahrscheinlich schon zu einigen Verwirrungen geführt. Wir treffen uns am Bahnhof ‚Bahnhof Olympia‘ :-).

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