Die Berliner haben seit jeher für ihre „großen“ Gebäude Spitznamen parat – für viele ist das gelbe, eigenwillige, aber imposante Gebäude der Philharmonie nahe dem Potsdamer Platz daher nur „die asiatische Nudelbox“ 🙂 Ob die Berliner Philharmoniker dies so gerne hören, weiß ich nicht, ist ihre Wirkungsstätte neben dem Konzerthaus am Gendarmenmarkt doch der wichtigste Konzertsaal Berlins und eines der Wahrzeichen der Stadt.
Nachdem die alte Philharmonie 1943 durch Bomben des 2. Weltkriegs zerstört wurde, musste ein neues Gebäude her. Den 1956 ausgeschriebenen Architektenwettbewerb gewann Hans Scharoun, nach Kriegsende bis 1946 erster Stadtbaurat Berlins und damals Präsidenten der Westberliner Akademie der Künste und Professor an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität Berlin. Nach 14 Jahren Planung, Vorbereitung und Bau war 1963 die feierliche Eröffnung des „Wunderwerks der modernen Baukunst“. Das besondere ist sicherlich der asymmetrische, zeltartige Aufbau. Diese an einen Zirkus erinnernde Form führte auch zu dem Spitznamen „Zirkus Karajani“, in Anspielung auf Herbert von Karajan, den langjährigen Dirigenten der Berliner Philharmoniker.
Im fünfeckigen, 2.440 Sitzplätze fassenden Konzertsaal findet man kaum gerade Linien, die Zuschauerränge sind komplett um das mittige Podium herum gebaut. Mit ihren verschieden ansteigenden Höhen erinnern sie ein bisschen an die Hänge von Weinbergen und bieten so von allen Seiten einen freien Blick auf die Bühne und eine super Akustik. Hierfür sorgen u.a. die von der Decke hängenden „Segel“, die den Klang zurück in den Raum reflektieren. Das Orchester in der Mitte des Publikums zu platzieren, war zur damaligen Zeit übrigens ein Novum, ein Bruch mit der alten Tradition. In Folge reisten Architekten und Studenten aus aller Welt nach Berlin und nahmen sich die Architektur der Philharmonie und das Konzept der Akustik zum Vorbild für spektakuläre moderne Konzerthäuser.
Da das Foyer unter dem Saal liegt, setzt sich die Asymmetrie dort in der Ausrichtung der Wände, Treppen und Pfeiler fort. 2 Außenwände mit roten und blauen Glas-„Bullaugen“ von Alexander Camaro zaubern ein farbiges Lichtspiel auf den Fußboden. Es finden sich vielfarbige Bodenmosaiken von Erich Reuter und vereinzelte Skulpturen im ansonsten nüchtern weiß gehaltenen Raum.
Der sechseckige Kammermusiksaal mit seinen 1.180 Sitzplätzen wurde 1984-1987 nach dem Tod Scharouns auf Basis seiner ursprünglichen Planung durch seinen Assistenten Edgar Wisniewski realisiert. Der große Saal und der Kammermusiksaal sind miteinander verbunden. Sein auffälliges „goldiges“ Äußeres aus gelben Aluminiumplatten bekam die Philharmonie erst 1978-82, vorher war der Bau ockerfarbig gestrichen.
Heute gehört die Philharmonie zusammen mit dem Musikinstrumenten-Museum, der Neuen Nationalgalerie und anderen Gebäuden zum Kulturforum Berlin. Gegenüber steht unverkennbar ein weiteres Gebäude von Hans Scharoun: die 1978 fertig gestellte Berliner Staatsbibliothek.
Wer sich die Philharmonie einmal näher ansehen möchte, kann sich hierfür einer der regelmäßig stattfindenden Führungen anschließen.
Ein paar weitere Bilder der Philharmonie, die vor allem die tolle äußere Architektur hervorheben, findet ihr hier.
Sehr guter Beitrag.
Ich bin auch der Meinung das diese Gebäude Berlins sehr Sehenswert sind.
Die Bilder sehen wirklich super aus!
Ich wäre jetzt gar nicht auf die Idee gekommen, dort hin zu fahren, aber jetzt werde ich es wohl beim nächten Besuch in Potsdam tun.
Danke für den Tipp
Wieso Potsdam? Die Philharmonie ist am Potsdamer Platz 🙂
hallo sunnykat,
das ist ein wirklich toller Artikel. Vielleicht kommt ja demnächst noch ein weiterer Artikel mit anderen tollen Sehenswürdigkeiten in Berlin 😉 Immerhin kann man sich ja dort locker ein ganzes Wochenende austoben !
Viele Grüße