Interview mit Rechtsanwalt Achim Feiertag: E-Scooter im Verkehrsrecht – das müssen Nutzer wissen

Seitdem E-Scooter 2019 durch die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eFKV) in Deutschland zugelassen wurden, werden die kleinen Roller vor allem in Großstädten oft und gern genutzt. Trotz ihrer großen Verbreitung herrscht aber noch immer vielerorts Unsicherheit über die dabei geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen – etwa in Hinblick auf Verkehrstauglichkeit, Geschwindigkeit oder das Fahren unter Alkohol- und Cannabis-Einfluss. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht ist Achim Feiertag bestens mit der Thematik vertraut und beantwortet die wichtigsten Fragen.

Guten Tag, Herr Feiertag! Ehe wir etwas näher auf die rechtlichen Besonderheiten bei der Nutzung von E-Scootern eingehen, lassen Sie uns zunächst einen Blick auf die Grundlagen werfen. Ab wann ist ein E-Scooter eigentlich verkehrstauglich?

Achim Feiertag: Die zentrale Voraussetzung für das Führen eines E-Scooters ist die Allgemeine Betriebserlaubnis. In der Praxis wird dieser Faktor vor allem dann relevant, wenn man einen E-Scooter kauft. Zu berücksichtigen sind dabei etwa Vorgaben wie eine Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h, ein maximales Gewicht von 55 kg, zwei unabhängiger Bremsen mit einem Mindestverzögerungswert von 3,5 m/s² und eine der Europäischen Norm entsprechende Batterietechnik (DIN EN 15194). Weiterhin vorgeschrieben sind maximale Abmessungen von 70 x 140 x 200 Zentimetern, eine helltönende Klingel und eine Lichtanlage bestehend aus Vorder- und Rücklicht sowie Reflektoren.

Diese Vorgaben gelten für die Scooter selbst. Wie sieht es mit den Fahrern aus? Wer darf einen E-Scooter führen?

Achim Feiertag:  Gem. § 3 eFKV ist die Nutzung eines E-Rollers ab 14 Jahren gestattet. Ein Führerschein ist grundsätzlich nicht erforderlich.

Doch Vorsicht: Wenn gegen einen Autofahrer ein allgemeines Fahrverbot (bis zu 6 Monate) gilt, darf auch kein E-Scooter geführt werden. Denn anders als Fahrräder gelten E-Scooter als Kraftfahrzeuge. Etwas anders sieht es aus, wenn dem Betroffenen der Führerschein vollständig entzogen wurde. In diesem Fall ist die Nutzung eines E-Scooters möglich, da hierfür keine Fahrerlaubnis erforderlich ist.

Anwalt Feiertag (Foto: Philipp Arnoldt Photography)
Anwalt Feiertag (Foto: Philipp Arnoldt Photography)

Wo darf man mit E-Scootern fahren?

Achim Feiertag: Hier kann sich der Fahrer an den Verkehrsregeln für nicht motorisierte Zweiräder orientieren. Grundsätzlich ist für E-Scooter nur der Radweg bzw. der Radfahrstreifen freigegeben. Die Straße darf nur befahren werden, wenn kein Radweg vorhanden ist.

Außerhalb von Ortschaften können E-Scooter auf Seitenstreifen fahren. Absolut unzulässig sind sie auf Fußgängerwegen, sofern keine Schilder mit der Aufschrift „Elektrokleinstfahrzeuge frei“ etwas anderes vorgeben.

Unsicherheit besteht weiterhin hinsichtlich des Parkens. Auch hier gelten aber dieselben Regeln wie für Fahrräder. Grundsätzlich können E-Scooter auf Gehwegen abgestellt werden, wenn dadurch keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert oder Wege versperrt werden.

Oft wird das Thema E-Scooter auch in Verbindung mit Promillegrenzen diskutiert. Wie sind hier die Regelungen?

Achim Feiertag: Das Gesetz sieht hier dieselben Grenzwerte vor wie für Pkw-Fahrer, nämlich 0,5 Promille. Verstößt man dagegen, kann das gravierende finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Wird man mit 0,5 bis 1,09 Promille angehalten, ohne sich auffällig zu verhalten, gilt dies als Ordnungswidrigkeit. Diese wird mit 500 Euro, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot geahndet. Hat man bei seiner Scooter-Fahrt 1,1 Promille oder mehr im Blut, gilt dies als Straftat.

Zu beachten ist dabei, dass die Konsequenzen noch gravierender sind, wenn man sich alkoholbedingt auffällig verhält. Wird man beispielsweise in einen Unfall verwickelt, macht man sich bereits ab 0,3 Promille strafbar. Außerdem besteht dann die Gefahr, dass der Versicherungsschutz seine Wirkung verliert. Dann zahlt die Versicherung zwar an den Geschädigten, kann aber Regressansprüche in durchaus erheblicher Höhe gegen den Unfallverursacher geltend machen.

Für Fahranfänger besteht eine grundsätzliche Pflicht zum nüchternen Fahren. Sie müssen während der gesamten Probezeit bzw. bis zum 21. Geburtstag auf Alkoholgenuss vor dem Fahren verzichten.

Und wie sieht es mit Cannabis aus?

Achim Feiertag: Auch hier gelten dieselben strengen Regeln wie für Autofahrer. Es genügt bereits eine THC-Konzentration von 1,0 ng/ml, um ein Fahrverbot zu verhängen. Zusätzlich droht der Entzug der Fahrerlaubnis.

Zum Abschluss noch eine kurze Frage. Immer wieder sieht man, dass vor allem junge Menschen zu zweit auf einem E-Scooter unterwegs sind. Ist das erlaubt?

Achim Feiertag:  Auch in diesem Punkt ist die Rechtslage eindeutig. Nach § 8 eFKV ergibt sich ein Verbot der Personenbeförderung. Das bedeutet, dass immer nur eine Person auf dem Scooter fahren darf.

Wir danken Ihnen für das Gespräch und die interessanten Einblicke.

Über Rechtsanwalt Feiertag

Die Kanzlei von Rechtsanwalt Achim Feiertag wurde 2004 in Berlin gegründet. Der Unternehmenssitz ist Berlin Schöneberg. Als erfahrener Anwalt für Verkehrsrecht betreut Achim H. Feiertag seine Mandanten unter anderem in den Bereichen Fahrerlaubnisrecht, MPU, Verkehrsstrafrecht, Verkehrsordnungswidrigkeiten, Fahrtenbuchauflage und Unfallregulierung.

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Liebe das Wasser und die Großstadt Berlin.

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