Berlin ist das Mekka für Glückssucher und Selbstverwirklicher aus aller Welt. Finden sie hier, wonach sie suchen? Laut Glücksatlas der Deutschen Post ist dem nicht so; die Hauptstadt belegt im Bundesvergleich mit einem Wert von 6,94 den 16. und damit viertletzten Platz. Dieser Wert gibt das Glücksniveau an, und die Macher des Glücksatlas ermitteln ihn anhand der Faktoren Lebenszufriedenheit, Freizeit, Gesundheit, Einkommen und Arbeit. Es überrascht nicht, dass Berlin beim Faktor Freizeit den besten Zwischenwert erzielt. Das insgesamt unterdurchschnittliche Glücksniveau aber führen die Forscher insbesondere auf die hohe Arbeitslosenquote und die im Vergleich zum Einkommen hohe Mietbelastung zurück.
Wenn man in Berlin nicht glücklich wird, wo dann? Und wie? Und was ist überhaupt Glück? Mit dieser letzten Frage beschäftigen sich Philosophie, Psychologie, Biologie und Soziologie seit Jahrhunderten. Jede Disziplin findet ihre eigene Antwort darauf: Nach Auffassung der Evolutionsbiologie macht alles glücklich, was unseren Fortbestand sichert. Die Soziologen finden Glück durch Erfolg und Anerkennung in sozialen Gruppen. Die Psychologie wiederum nennt als Glücksfaktoren Selbsterfüllung, eine Lebensaufgabe und das Gefühl, sein Leben in der Hand zu haben.
Eine interessante Studie von Psychologen der renommierten Purdue University untersuchte gewissermaßen das Wie genauer: den Zusammenhang von Glück bzw. Zufriedenheit und Einkommenshöhe. Das Ergebnis: Die langfristig höchste Lebenszufriedenheit finden Menschen in Westeuropa mit einem Jahreseinkommen von rund 81.000 Euro. Kurzfristige „emotionale Zufriedenheit“, wie es die Forscher nennen, ist aber schon für rund 44.000 Euro zu haben. Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, dass die Berliner auch in dieser Hinsicht schlechte Karten haben, liegt das durchschnittliche Jahreseinkommen hier doch bei rund 43.000 Euro.
Wir sehen: Man kann sich dem Thema Glück aus verschiedenen Richtungen nähern. Was einen Menschen glücklich macht, hängt letztlich von seiner persönlichen Definition ab. Für den einen zählen materielle Dinge, teure Anschaffungen oder Luxusshopping auf den Berliner Einkaufsmeilen. Ratenkredite, die man inzwischen auch online beantragen kann, helfen, materielle Wünsche zu erfüllen und ermöglichen zumindest kurzfristige Glücksgefühle.
Für den anderen sind es immaterielle Dinge wie Ruhe, Entspannung, als sinnvoll erachtete Aufgaben im Job, Freiheit oder einfach nur das Zusammensein mit anderen Menschen. Wie Daten von Statista zeigen, stehen Geld, Beruf und Erfolg im Hinblick auf das persönliche Glück für die meisten Befragten nicht an erster Stelle. Stattdessen sind es Gesundheit, Partnerschaft und Familie.
Ob man Glück nun als Erfüllungszustand interpretiert oder damit lediglich kurzfristige Emotion-Highs verbindet: Der erste Schritt zum persönlichen Glück ist Selbsterkenntnis. Wer sowohl seine Begabungen als auch seine Wünsche und persönlichen Grenzen kennt, kann sein Leben glücklicher gestalten. Dass das Glück ohne Selbsterkenntnis auf der Strecke bleibt, bestätigt eine Studie der Rutgers University (Newark) und der University of Toronto (Ontario). Demnach ist es die permanente Jagd nach einem undefinierten Glück, die uns unglücklich macht. Die Forscher beschreiben in diesem Kontext den zeitraubenden Versuch, nach dem Vorbild anderer glücklich zu werden. Diese Glücksjagd benötigt viel Zeit, das macht unzufrieden und verstellt den Blick auf die persönlichen Bedürfnisse.
Eine Frage blieb noch unbeantwortet: Wo, wenn nicht in Berlin, wird man am glücklichsten? Ein Blick in den Glücksatlas zeigt: Am zufriedensten sind die Menschen in Schleswig-Holstein (7,44) und Hamburg (7,36). Als Berliner können wir dazu nur sagen: Wer’s glaubt …
Sehr schöner Artikel 🙂