Ein Stück Berlin ist Geschichte – der letzte Flug von Air Berlin

Seit ein paar Wochen ist es traurige Gewissheit: Air Berlin, zeitweise die nach der Lufthansa zweitgrößte Fluggesellschaft Deutschlands, ist insolvent, stellt den Flugbetrieb ein und wird zerschlagen. Grund genug für uns, einen Blick auf die bewegte Geschichte der Airline zu werfen.

Durchgestartet

Sie beginnt – und das wird einige sicherlich überraschen – nicht in der heutigen Bundeshauptstadt, sondern jenseits des Atlantiks: Wir schreiben das Jahr 1978, die deutsche Einheit ist noch nahezu undenkbar. Im US-Bundesstaat Oregon gründet ein Ex-Pilot die Charterfluggesellschaft Air Berlin Inc. Das war notwendig, da damals nur die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs West-Berlin anfliegen durften. Mit dem Fall der Mauer änderte sich das, 1991 stieg Joachim Hunold bei Air Berlin ein, der in den Folgejahren das Geschäftsmodell umkrempelte.


Bildrechte: Flickr Air Berlin B737-800 & sunset Maarten Visser CC BY-SA 2.0 Bestimmte Rechte vorbehalten

Anstatt nur die Strecke Oregon–Berlin abzudecken, konzentrierte man das Geschäft mehr und mehr auf die profitablen europäischen Kurzstrecken. Der „Shuttleservice“ von deutschen Standorten aus nach Mallorca ist wohl das bekannteste Beispiel. Nachdem Air Berlin immer weiter gewachsen und unter anderem bei der von Formel-1-Legende Niki Lauda gegründeten Airline Niki eingestiegen war, folgte 2006 der Börsengang. Anfangs war dies eine Erfolgsgeschichte, der Aktienkurs startete durch.

Harte Landung

Die Freude war allerdings nur von kurzer Dauer, denn Air Berlin schrieb danach nur noch einmal schwarze Zahlen. Grund waren unter anderem die Ambitionen, auch ins Überseegeschäft einzusteigen. Am sinkenden Börsenkurs und ausbleibenden Gewinnen änderte auch der Einstieg der zahlungskräftigen Airline Etihad Airways, die 2011 knapp 30 Prozent des Aktienpakets kaufte, nichts – Air Berlin erwies sich als Zuschussgeschäft. Auch der Austausch der Führungsriege brachte keine Besserung.

Im August 2017 hatte Etihad genug und stellte die Bezuschussung ihres Sorgenkinds ein – mit weitreichenden Folgen für Air Berlin, seine Angestellten und die Fluggäste. Die Insolvenz war nicht mehr abzuwenden, der Flugbetrieb konnte nur dank eines Notkredits der Bundesfinanzierung vorerst aufrechterhalten werden. Tausende Beschäftigte müssen sich nun um eine neue Anstellung bemühen: Die Lufthansa, die trotz kartellrechtlicher Bedenken den Löwenanteil von Air Berlin übernehmen wird, schreibt alle verfügbaren Stellen nämlich neu aus, eine Übernahmegarantie gibt es nicht.

Fluggäste müssen sich derweil um Reisealternativen kümmern. Immerhin gibt es für beliebte Air-Berlin-Strecken wie die von Berlin nach Frankfurt genügend Angebote anderer Airlines. Die sind auch nötig, denn Air Berlin stellt ab Ende Oktober den Betrieb komplett ein. Der letzte Transatlantikflug ist bereits erfolgt und endete mit einem Highlight: Der Pilot startete bei der Landung noch einmal durch – ähnlich wie die Airline vor über 30 Jahren. Gelandet ist er aber vollkommen sicher.

Nachtrag: 20.10.2017 – im folgenden ein „Musikvideo“ von (Ex)-Air Berlinern, ein Abschiedssong umgedichtet vom Song „Dear Mr. President“ von der Sängerin Pink.

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2 comments

  1. Naja Air Berlin lebt ja gewissermaßen im Körper von Lufthansa weiter…

  2. Hallo ja das Air Berlin Schicksal ist tragisch. Es war eine tolle Gesellschaft und Europaflüge habe ich gerne mit Ihr unternommen. Toller Service und echt gutes Flugpersonal. Schade das so viele Ihre Arbeit verlieren.

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