Fotografie von Josef Koudelka im C/O Berlin: Zeitgeschichte in Schwarz-Weiß

Fotografie kämpft immer gegen das Vergessen. Einer, der Meister darin ist, den Moment zu konservieren und der für die journalistische Fotografie bis heute Standards gesetzt hat, ist der tschechische Fotograf Josef Koudelka. Seine eindringlichen Schwarz-Weiß-Bilder aus der Zeit des Prager Frühlings und dessen gewaltsamen Endes durch den Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts gingen 1968 um die Welt. Jetzt sind sie im Rahmen einer Retrospektive zusammen mit anderen Aufnahmen seiner langen Schaffenszeit im C/O Berlin zu sehen. Die wichtigsten Fragen zu Koudelka, der Ausstellung und warum sich der Besuch lohnt.

Amerikahaus im Jahr 2013 (Heute: Sitz der C/O-Galerie)
Amerikahaus im Jahr 2013 (Heute: Sitz der C/O-Galerie)

Wer ist Josef Koudelka?

Nach jahrelanger Ausbildung an der Prager Universität schmiss er seinen Beruf als Luftfahrtingenieur hin, griff zu seiner „Exakta“-Kamera und dokumentierte im Jahr 1968 für die Weltöffentlichkeit die bis dato größte Militäroperation in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs in ebenso erschreckenden wie eindringlichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Bürgerproteste, einrollende sowjetische Panzer und zerschossene Häuserfassaden, das sind die Motive seiner Serie „Invasion“. Besonders bezeichnend ist ein Foto, auf dem er seine Armbanduhr ins Bild streckt: Das ist der Augenblick, das geschieht jetzt und es wird in die Weltgeschichte eingehen.

1971 wurde er dann freiberuflicher Mitarbeiter der renommierten Fotoagentur „Magnum“. Seine Bilder prägten Generationen von Fotojournalisten und tun es auch heute noch. 2015 wurde Koudelka mit dem Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Fotografie ausgezeichnet. Seit 1980 lebt der inzwischen 79-Jährige in Paris. Anlässlich seines 80. Geburtstags soll es nächstes Jahr eine Retrospektive in Prag geben.

Was erwartet Besucher im C/O Berlin?

Im C/O Berlin gibt es bis zum 10. September 2017 neben Aufnahmen aus Koudelkas Serie „Invasion“ auch Fotos aus den späteren Reihen „Exiles“ und „Wall“ zu sehen. In Exiles sind Bilder aus rund 20 Jahren seines eigenen Exils in Westeuropa zu sehen. Seine Motive sind geprägt vom alltäglichen Leben, von Landschaften und der Landbevölkerung. Das Projekt Wall ist wieder politisch: Es zeigt Aufnahmen vom Bau der innerisraelischen Mauer, die laut Koudelka ein „Verbrechen gegen die Landschaft“ sei.

Was können Hobby-Fotografen in der Ausstellung lernen?

Die Ausstellung ist nicht nur für Kunst- und Geschichtsinteressierte interessant, sondern selbstverständlich auch für Hobby-Fotografen, denn Koudelka ist ein Meister der Schwarz-Weiß-Fotografie. Er arbeitet viel mit starken Kontrasten und hat ein Auge für spannende Dynamiken, er findet immer den richtigen Bildausschnitt und versteht es, ausdrucksstarke Gesichter abzulichten. Hobbyfotografen können von Koudelkas Werken Inspiration für die gelungene Präsentation eigener Bilder und Druckvorhaben – die beispielsweise bei CEWE realisiert werden können – erhalten.

Ein besonders eindringlicher Hingucker der Ausstellung ist eine Aufnahme der Sperranlage an der innerisraelischen Mauer, die im C/O unterstützt von einer Projektion als Panorama gezeigt wird.

Josef Koudelka: Invasion / Exiles / Wall
Ausstellung im C/O Berlin bis zum 10. September 2017, täglich 11–20 Uhr
C/O Berlin Foundation. Amerika Haus
Hardenbergstraße 22–24, 10623 Berlin

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One comment

  1. Bettina Goerden

    Zeitgeschichte kann man sehr gut in schwarz weiss wieder geben, besser sogar noch als in Farbe. Bestimmt lohnt sich diese Ausstellung. Danke für den Tipp.

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