Relikte des Industriezeitalters – Berlin ist voll davon! Alte Hallen und große Backsteingebäude, Türme und Schlote – viele der alten Produktionsstätten aus dem späten 19. bis frühen 20. Jahrhundert sind noch erhalten geblieben. Einige davon sind im Rahmen der Denkmalauflagen restauriert und werden wieder gewerblich genutzt – andere fristen stillgelegt und verlassen ihr einsames Dasein.
Das Buch gibt mit vielen Fotos Einblick in Industriearchitektur, die zum Teil nicht öffentlich zugänglich ist. Dabei wird nicht nur von außen drauf geschaut, sondern vielfach auch ein Blick ins Innere gewährt. Bevor sich den einzelnen Stadtteilen zugewandt wird, erhält man einen kurzen Überblick auf das alte Berliner Wirtschaftsleben und die verschiedenen Industriebranchen wie Eisenbahn, Elektro oder Maschinenbau. Borsig darf hier nicht fehlen, ebenso wenig wie AEG & Siemens, OSRAM.
Dann geht’s los in die Kieze. Hier werden jeweils die bedeutendsten Gebäude vorgestellt, zu jedem gibt es Anschrift, Fotos und eine kurze Geschichte sowie Öffnungszeiten, falls es etwas zu besichtigen gibt. Es ist super interessant zu lesen, was in Berlin alles hergestellt wurde, in welchen Industriezweigen bahnbrechende Entwicklungen gemacht wurden und wie sich einzelne Fabriken mit der Zeit entwickelt haben.
Charlottenburg-Wilmersdorf ist natürlich mit der Königlichen Porzellan-Manufaktur vertreten, Freidrichshain-Kreuzberg mit seinen Brauereien, einer Grammophonfabrik oder der „Berliner-Velvet-Fabrik“ (Velvet = alte Bezeichnung für Samt). In Marzahn-Hellersdorf lässt sich der riesige Industriebau von Knorr-Bremse finden, Mitte ist voll von Bauten der AEG. In den OSRAM-Höfen gab es zeitweise größte Glühlampenproduktion Europas und der Westhafen mit seinen alten Krananlagen war früher hinter Duisburg der zweitgrößte deutsche Binnenhafen. In Neukölln findet man Deutschlands älteste Filmfabrik und in Pankow wurde die „Königin von Saba“ hergestellt – in der Zigarettenfabrik Garbáty. Die Borsigwerke mit Borsigturm- und -tor gibt’s in Reinickendorf, genauso wie eine „Luxuspapierfabrik“. In Siemensstadt ist allein schon der Name Programm. In Tempelhof-Schöneberg wurde bei Schwarzkopf das weltweit erste Shampoo entwickelt. So geht es weiter von Kiez zu Kiez auf insgesamt über 200 Seiten und 240 Fotos.
Der Autor und Fotograf Matthias Barth hat hier ein interessantes Buch abgeliefert. Erhältlich ist es im Nicolai-Verlag für EUR 29,95, ISBN 978-3-89479-715-7.