Wer interessiert ist, was es in Berlin noch so unter dem Straßenpflaster zu entdecken gibt, sollte eine Tour mit dem Berliner Unterwelten e.V. mitmachen. Letztes Wochenende habe ich mich spontan der Tour 1 angeschlossen und war begeistert.
Los ging es ab der U-Bahn-Station Gesundbrunnen. Eine grüne Stahltür wurde für unsere Gruppe geöffnet, ein paar Treppen hinunter und schon standen wir drin – in einer Bunkeranlage aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges, die Platz für über 1.000 Menschen bot. Hierhin flüchteten die Anwohner und Passanten, die gerade in der Nähe waren, wenn die Sirenen anfingen zu kreischen und so vor heranfliegenden Bombern der Alliierten warnten.
Die Räume des Bunkers sind mit verschiedenen Überbleibseln der damaligen Zeit ausgestattet, um uns nachträglich ein Bild dieser Zeit zu vermitteln. So gibt es einen Raum, in dem mit Hochbetten und altem Spielzeug ein typischer Mutter-Kind-Bunker dargestellt ist. In einem anderen werden mit den Holzbänken an den Wänden und in der Mitte die engen Verhältnisse während der auszuhaltenden Zeit verdeutlicht. Zum Ende des Krieges wurden hier viel mehr Menschen untergebracht, als der Raum für vorgesehen war. Konsequenz: niemand wusste, für wie lange der Sauerstoff in dem Raum ausreichen würde – die Türen waren luftdicht verschlossen. Die Menschen mussten aushalten und hoffen, während der Bunker von den Detonationen schwankte und das Dröhnen Bomber am Himmel zu hören war.
Wie es aussah, wenn eine Bombe traf, zeigte uns ein anderer Raum. Die ausgestellten Exponate sind Fundstücke aus Einschlagstellen. Wie oft heutzutage immer noch ein Bombenräumkommando anrücken muss, um alte Überbleibsel des Krieges zu entschärfen, erzählte uns unser Guide, der die Tour sowieso sehr spannend gestaltete. Jeder Raum hatte seine eigene Geschichte, brachte uns einen anderen Abschnitt aus Kriegszeiten näher. Da ging es um Leuchtfarbe an den Bunkerwänden, falls der Strom ausfällt (die übrigens heute immer noch „strahlt“), die Geschichte zu Hitlers Führerbunker, es wurde uns gezeigt, wie damals die Rohrpost funktioniert hat, was es mit der „Deutschen Volksgasmaske“ auf sich hat und welchen Beitrag die Trümmerfrauen nach dem Krieg leisten mussten. Die Zeit während der Führung war so sehr kurzweilig und hat mich neugierig gemacht auf die anderen Führungen, die durch den Verein angeboten werden.
So gibt es z.B. Führungen mit dem Schwerpunkt Flakbunker und Bunkersprengung, Bevölkerungsschutz im Kalten Krieg, es geht hinab in die Tiefen des Trümmerberges am Humboldthain oder in einen Mutter-Kind-Bunker. Die Führungen werden seit 1999 regelmäßige angeboten, auch in den verschiedensten Sprachen. Die Führungen und ihre Termine findet ihr hier.
Der 1997 gegründete Verein tut aber noch viel mehr, als nur Führungen anzubieten. Die alten Bauwerke werden hergerichtet und für die Nachwelt am Leben erhalten. Der Eintritt für die Führungen ist hierfür eine wichtige Geldquelle. Es werden auch Nachforschungen betrieben, wie jüngst nach Überlebenden der Zwangsarbeiterlager, nachdem alte Karteikarten gefunden wurden, um diese aus Mitteln der Bundesregierung entschädigen zu können. Zusammenhänge werden entschlüsselt und dokumentiert. Und dies alles meist auf ehrenamtlicher Basis und aus eigenen Vereins-Mitteln.
Eigene Fotos von der Tour im Bunker kann ich euch leider an dieser Stelle nicht anbieten, das fotografieren während der Tour ist verboten.