Der Regenosterhase Moritz – eine Ostergeschichte

Der feuchte Frühling ist vorbei, es herrscht nun Sonnenschein. Moritz kommt das nicht gerade recht, liebt er es doch, wenn die Erde locker und feucht ist, als wie jetzt, die Sonne ganz heiß auf die Erde strahlt und alles knochentrocken ist. Mancherorts ist es für ihn unmöglich, ein schattiges Plätzchen zu finden. Mit über 40 Jahren, fehlt ihm dazu auch die nötige Kraft, um in der weiten Wiesenwelt umher zu hoppeln. „Oje, mir ist schlecht“, murmelt er noch, bevor er ohnmächtig wird und erst einmal lange schläft.

„Halli, hallo, was ist denn mit dir los?“, ruft eine Sonnenhäsin aus weiter Ferne ganz laut. „Du Osterhase siehst schon irre komisch aus“, macht sie sich lustig. Ehrlich, du hast ein total schwarzes Fell, dein Gesicht sieht aus wie eine rote Tomate und du riechst irgendwie komisch, du hast wohl zu lange ein Bad in der Sonne genommen?“

„Ja, so wird es wohl sein, ich weiß nur noch, dass mir schlecht und dann schwarz vor Augen wurde! Erst jetzt durch dein Rufen bin ich wieder wach geworden!“, gibt Moritz zurück. „Was in der Zwischenzeit war, weiß ich nicht! Mich schmerzt alles, bewegen kann ich mich auch nicht mehr, ist der feuchte Frühling schon vorbei?“, will der Kleine wissen.

„Du scheinst wirklich die Zeit verschlafen zu haben, wir haben seit zwei Tagen Sonnen Frühling! Es ist richtig warm, voll super, nicht wahr?“, schallt es aus ihr heraus. „Nein, das ist es nicht, wie schon gesagt, ich bin ein Regenosterhase und mag die Sonne nicht, aber das will ja eh keiner wissen“, ärgert sich Moritz. „Alle Hasen, die ich kenne, mögen dieses heiße Wetter am liebsten, nur ich nicht, weil ich nicht mehr schnell unterwegs sein kann!

Es ist so knochentrocken zurzeit und heiß, dass ich nun sehr krank bin, hier rumliege und meine Ostereier bald Spiegeleier werden, bei dieser Wärme“, pustet er ihr leise zu. „Ich liebe nasse Tage, da kann ich immer gut über aufgelockerte Erde hoppeln.

Die Sonne hat dann Urlaub und ich muss nicht um mein Leben fürchten. Ich wollte doch nur noch ein bisschen frische Luft für mehrere Stunden tanken, bevor es auf Ostertour zu den Menschen geht, um ihnen Ostereier zu bringen.

Nichts ahnend war ich durch die heiße Sonne ohnmächtig geworden, eingeschlafen, mit starken Schmerzen jetzt wieder wach und zur Besinnung gekommen“, gibt Moritz ihr zurück.

„Aha, das ist interessant, wir sind zwei Hasen, die ganz unterschiedliches Wetter mögen“, zwitschert sie Moritz zu. „Deshalb liegst du also hier im Gras und bist nicht in der weiten Welt unterwegs, nicht wahr?“, will Sie gleich wissen. „Ja, genau, wie heißt du eigentlich?“, möchte der junge Mann von ihr wissen, wo sie sich so toll verstehen. „Ich heiße Frieda und liebe im Gegensatz zu dir, die Sonne überaus sehr. Dafür mag ich das feuchte Wetter nicht. Dann friere und erkälte ich mich sofort.“

„Aua, aua!“ Moritz hält es vor Schmerzen kaum aus, es dreht sich alles und er kringelt sich noch mehr ein. Zum Glück hat er eine liebe Begleitung bei sich, das macht die ganze Sache etwas erträglicher. „Du musst dich nicht verstellen, ich habe eine gute Tierkenntnis, es fällt mir sofort auf, dass es dir schlechter geht von Minute zu Minute!“, fügt sie hinzu.

„Wie heißt du eigentlich, du rot – schwarzer Hase?“, fragt sie voller Neugierde. „Damit macht Frau keine Scherze, auch wenn es die Wahrheit ist, dass ich so feuerrot und runzlig bin, ich habe Schmerzen ohne Ende, da kann ich nicht über deine Witze lachen, ehrlich nicht, ich heiße Moritz, aber um auf deine blöden Wörter zu kommen, dir könnte das nicht passieren, du lebst mit und von der Sonne.

Aber wenn wir wieder feuchte Tage bekommen, würde es dir, wie mir ergehen, du magst das Klima nicht. Deine Haut wird dann glitschig, so wie bei Fröschen, Fischen, ha, ha, ich könnte dann über dich lachen – aber trotz alledem habe ich Aua, da bin ich nicht zu irgendwelchen Scherzen aufgelegt. Du verstehst mich, Frieda?“

„Ja, Moritz, ich wollte dich doch nur aufmuntern, damit du deine Schmerzen nicht so heftig spürst, der Schuss ist danebengegangen!“, seufzt sie. „Tut mir echt leid, das wollte ich nicht, es macht mich traurig, dass die Sonne, die ich so liebe, dich verbrannt hat!“, erwidert sie kleinlaut. „Ist schon ok“, murmelt er.“

„Bitte Frieda, hilf mir, ich brauche jetzt einen Ort, wo meine Haut wieder normal wird? Bitte, hilf mir, liebe Häsin, ich habe dich ganz lieb in mein Herz geschlossen und vertraue dir. Ich fühle mich sehr geehrt von deinen wunderbaren und rührenden Worten. Lass mich mal kurz überlegen, mir schwirrt da ein ruhiges, dunkles Plätzchen im Kopf herum! Hm, wo ist das noch?“ Sie runzelt die Stirn. „Ah, ich hab´s! Ich kenne einen Ort, wo wir hin hoppeln können, da wird es dir gleich besser gehen!“

Moritz unterbricht sie – „Hoppeln und schleichen ist ja schön und gut, nur mit Schmerzen tut mir das nicht wirklich gut!“, jammert der junge Mann mit Tränen in den Augen. „Tja, sie grübelt… und holt Sekunden später aus ihrem Hautschlitz ein Handy hervor, wählt eine Nummer.

„Vati, bist du es?“ „Ja“, tönt es am anderen Ende ihr entgegen. „Super, dass ich dich gleich selbst am Telefon habe – ich habe ein Problem, bzw. Moritz hat eins.“

„Wer ist denn Moritz?“, tönt es aus dem Hörer. „Nicht jetzt, dafür ist die Lage einfach zu ernst! Also, es ist so, du kennst doch, wenn Regenhasen die Sonne zu stark erleben mussten?“ „Ja, aua, ah, weil, ja, da ist sofort Hilfe angesagt. Wieso sagst du das nicht gleich?“, entgegnet der Vater entsetzt.

„Ganz einfach, weil du wissen wolltest, wer Moritz ist!“ „Okay, du hast recht, ich bin zu neugierig, ich bin eben dein Vater und mache mir auch Gedanken mit wem du zusammen bist!“ „Ist ok, wir sind hier Ecke Spin!“

„Gut, da weiß ich Bescheid! Rührt euch nicht von der Stelle, ich bin in fünf Minuten da!“ „Machen wir nicht Vati, Moritz kann sich eh nicht drehen und wenden, geschweige denn überhaupt hoppeln!“ „Tschüss, bis gleich!“, ruft der Vater mit hastigem Ton und legt auf.

Frieda versucht mit allen Kräften, ihrem neuen Freund Mut zu machen. „Nicht aufgeben bitte, du musst durchhalten, ich möchte doch mit dir, wenn du wieder gesund bist, die weite Welt erkunden und in feuchten Höhlen übernachten. Du hast mir ganz schön den Kopf verdreht, ich habe über tausende von quirligen Würmern in meinem Bauch, kannst du hören, wie sie dort umherkriechen?“

„Oje“, fällt Moritz ihr ins Wort. „Was habe ich da nur angerichtet? Etwas Schönes, vielleicht auch Gutes, ich habe mich Hals über Kopf in dich verliebt und das ist superschön!“, ruft Frieda.

Moritz wird wieder rot und kringelt sich noch mehr ein. „Nein, nicht noch mehr Farbe annehmen, du darfst dich nicht aufregen, sonst verstärkst du den Reiz!“, entgegnet Frieda sorgenvoll.

„Das tue ich gar nicht, das ist nur, weil es mir genauso geht, nur kann ich das nicht so richtig zeigen, weil ich immer noch Schmerzen habe. Was kann ich tun?“, fragt Mo ängstlich. „Bleib ganz ruhig hier in meinen Armen liegen! Mein Vati – sie stoppt … kommt gerade um die Ecke!“

Brumm, brumm, quietsch … Das Auto des Vaters hält direkt vor ihnen an. „Hierher, hierher!“, ruft Frieda ihrem Dad zu. „Du musst dich beeilen – Mo ist kurz davor, wieder ohnmächtig zu werden, er ist schon ganz bleich, bitte, du musst ihm helfen, ich habe ihn so gern“, fleht sie ihren Vater an.

„Ganz ruhig, meine Kleine, hilf mir lieber, du musst ihn mit diesen nassen Tüchern einwickeln, auf die rechte, danach auf die linke Seite drehen, sodass er noch genug Luft bekommt!“ Nach fünf Minuten haben sie es geschafft, sie laden Mo auf einer Trage liegend in das Auto des Vaters und fahren zu dem Flüsschen an der Line bei Janiloh.

„Hier wird es dir, mein Regenhase, bald besser gehen“, tröstet Frieda den Kleinen. Es gibt hier ein Hospital, das speziell für Regenhasen errichtet wurde, die die starke Sonne im Frühling so heftig wie du erleben mussten“, fügt der Vater hinzu. Wochen vergingen, in denen sich Mo an der Line im Krankenhaus „Kühler Platz“ erholte.

Es gab Stunden, da glaubte Frieda, sie würde ihren Freund verlieren, denn er wurde abermals ohnmächtig. Die Ärzte versicherten ihr aber, dass dies nur Nachwirkungen der starken Sonneneinstrahlung seien, sie müsse sich keine Sorgen machen. So ging es ihr gleich besser.

Weitere Wochen vergingen, in denen Mo viel geschlafen und Frieda Tag und Nacht an seinem Bettchen Wache hielt. Dann endlich ist es so weit, der kleine Mann schlägt seine Äugelein auf. „Oh – ah -, wie schön, es war also nicht nur ein Traum, dass ich dich, meine liebe Frieda, getroffen habe“, schmunzelt er. „Nein, es ist Wirklichkeit und wunderschön“, antwortet sie ihm, wobei sich beide eng umschlungen in den Armen liegen.

Tage später konnte Mo zur Freude seiner Freundin, das Hospital verlassen, der Arzt gab ihm noch einen guten Ratschlag mit auf dem Weg: „Bitte meiden Sie in Zukunft die intensive und direkte Sonneneinstrahlung, sonst sind Sie des bald wieder unser Patient, ihr Fell und ihre Haut sind dann nicht mehr zu retten!“

Dies war für Moritz eine große Lehre für sein weiteres Leben, auch wenn ihm die Sonne fast das Leben nahm, er ist glücklicher denn je. Für beide Hasen gibt es immer ein passendes Örtchen zum Verweilen, feucht bis kühl für Mo und warm, sonnig für Frieda.

„So leben sie bis ans Ende ihrer Tage, du bist ihnen bestimmt auch schon einmal begegnet, wenn sie, wie jedes Jahr, die Eier und Geschenke an Ostern in dein Osternest legen.“

© Katja Heimberg (Einsendung zum Ostergewinnspiel 2012 bei blog@inBerlin)

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