Vodou in den Ethnologischen Museen Dahlem

Wenn die derzeitige Kuratorin gegenüber den zukünftigen Gastgebern einer Ausstellung bemerkt, dass keiner was von den Kleinteilen der freistehenden Exponaten habe mitgehen lassen, was wohl unter anderem daran läge, dass diese so schmutzig seien, dann besteht bei mir akuter Lappen-Alarm. Die noch bis Ende des Monats stattfindende Schau zum haitianischen Vodou-Kult ist nicht nur ohne Staubwischen ausgekommen, sie hängt auch ein bisschen provisorisch auf Sperrholzwänden.

Ethnologisches Museen Dahlem
Ethnologisches Museen Dahlem

Aus konservatorischen Gründen wird zudem nur punktuell beleuchtet – da die meisten Artefakte aus dem heimeligen Religionsalltag des Vodous aus schwarzem Stoff , Spiegeln, Pailletten und Totenköpfen bestehen (vollständige Abwesenheit jeglichen Geflügels sei zu bemerken), wird einem ganz schnell ein klein bisschen anders. Ich habe mich daraufhin zur seelischen Glättung in die Ostastiatische Austellung bewegt, in der feinzisilierte Schreibkästen und Wandschirme standen, auf denen – auch wieder eher muckelige Beleuchtung, allerdings nur bis ich den Knopf am Schaukasten gefunden hatte, womit das Licht angeht –  man noch die feinsten Härchen am Hinterkopf der Geisha erkennen konnte. Die Ruhe von Raum (einzige Besucherin zwischen drei Wächtern) und Objekten hat in mir den Entschluss reifen lassen, dass ich ab sofort und ohnehin im Anschluss an milde aufregende Aktionen nur noch in asiatische Galerien gehe werde .

Die Herren und Damen von der Haitischen Post
Die Herren und Damen von der Haitianischen Post

Der Vodou ist so eine Sache, die man wie Aktionärsversammlungen oder Hutzenabende nur wirklich durchschaut, wenn man quasi damit aufgewachsen ist. Er besteht aus einer Unmenge an Geistern, lwa, die in verschiedenen Inkarnationen auftreten, im Gottesdienst dann in den Anrufenden fahren, womit der lustige Teil des geselligen Beisammenseins beginnt. Gemein ist ihnen allen, dass sie in ersten Linie für Reichtum sorgen und gern Essen. Wie halt Geister so sind. Der Liebe Gott ist auch kein Hindernis, da der Katholizismus platz- und energiesparend in das Weltbild des Vodou integriert wurde. So orientiert sich eine weibliche lwa an der Schwarzen Madonna von Tschenstochau, worüber ich sehr dankbar bin, weil es mir die Möglichkeit gibt, endlich mal Tschenstochau zu schreiben, ohne es aussprechen zu müssen.

Weitere stolze Anmerkung der Kuratorin war übrigens, dass täglich über 200 Besucher kämen, darunter eine Menge Kinder. Das spricht für die seelische Stärke der nachwachsenden Generation.

Kaum raus aus dem Ding wurde die erste Straftat meiner Lebens an mir begangen: Man hat mir die Tasche geklaut. Vom Stuhl im Café. Ich hätte mal was opfern sollen vor den dicken Leuten mit Spiegelaugen.

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One comment

  1. Schöne Bilder von der Hütte und den Bewohnern^^ Bei akuter Lappen-Alarm mußte ich schmunzeln! Toller Bericht, das mit der Tasche wiederum tragisch! Vllt. gibt es dafür bald eine schicke neue Tasche!

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