Der Kollwitzplatz im Prenzlauer Berg

In vielerlei Hinsicht ist der Prenzlauer Berg ganz typisch für Berlin und der Kollwitzplatz und seine Umgebung stehen gewissermaßen stellvertretend für all die schönen, aber auch weniger schönen Seiten der Hauptstadt. Der Kollwitzkiez ist nicht ohne Grund einer der beliebtesten Flecken Berlins. Einheimische (und solche, die es geworden sind) und Touristen zieht es gleichermaßen hierher, nach Pankow im ehemaligen Ostteil der Hauptstadt. Das liegt daran, dass sich zumindest baulich viel vom alten Charme früherer Zeiten erhalten hat. Von den Zerstörungen des zweiten Weltkrieges blieb der Prenzlauer Berg weitestgehend verschont, das Straßenbild ist deshalb geprägt von Altbauten, die zum Teil noch um die Jahrhundertwende entstanden sind – also, die Wende zum 20. Jahrhundert wohlgemerkt.

Kollwitzplatz, Prenzlauer Berg, Berlin (fotolia.com @ edan)
Kollwitzplatz (fotolia.com @ edan)

Rund um den Kollwitzplatz, der seinen Namen von der berühmten Künstlerin Käthe Kollwitz erhalten hat, die hier lange Jahre gelebt hat, ist die Ausstrahlung dieser Zeit noch zu spüren. Zwischen den Bäumen entlang der Straßen lugen die Altbauten hervor, auf den Gehwegen flanieren die Menschen, sofern sie sich nicht gleich von einem der zahlreichen Shops, Cafés oder Restaurants angezogen fühlen. Der eine oder andere wird vielleicht sogar die Muße haben, sich eingehender mit der Kopie der Kollwitz-Plastik „Mutter mit zwei Kindern“ zu beschäftigen, die einen Platz auf der Grünfläche gefunden hat.

Zeiss-Großplanetarium

Ausgehend vom Kollwitzkiez lassen sich zudem einige andere, nahegelegene Sehenswürdigkeiten bequem erreichen. Zum Beispiel das Zeiss-Großplanetarium an der Prenzlauer Allee, eine von drei Einrichtungen der Stiftung Planetarium Berlin. Seit 1987 ist das Sternentheater in Betrieb, vor ein paar Jahren wurde es gründlich saniert und mit modernster Medientechnik ausgestattet. Das Wissenschaftstheater ist dadurch nicht nur in der Lage, faszinierende 360-Grad-Einblicke in die Astronomie und andere Wissenschaften zu geben, es fungiert außerdem als Veranstaltungsort für musikalische und andere Unterhaltungsprogramme.

Der Prater Garten

Die Kastanienallee ist für sich genommen schon einen Besuch wert, denn sie präsentiert sich ihren Besuchern ganz unverstellt und original. Die perfekte Umgebung also für Berlins ältesten Biergarten, der hier seit 1837 eine beliebte Anlaufstelle für laue Sommerabende ist. Denn seit jeher war der Prater Garten weit mehr als eine bloße Gaststätte, hier fand das kulturelle und bisweilen politische Leben statt – und das tut es bis heute, während es von moderner deutschen Küche gefüttert wird.

Die KulturBrauerei

Fast schon in Rufweite, nur gerade die Knaackstraße herunter, wartet außerdem die KulturBrauerei. Es kann sozusagen stellvertretend für die Entwicklung des gesamten Stadtteils hergenommen werden, für den Versuch, einen gelungenen Mittelweg zwischen modern und historisch zu finden. Wie so viele Gebäude stammt auch der ehemalige Brauereibetrieb noch aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Auf 25.000 m² erstreckt sich das Gelände der KulturBrauerei, über 20 Gebäude und sechs Höfe formen ein ganz einzigartiges Ensemble, das vollkommen zu Recht seit 1974 unter Denkmalschutz steht.

Berlin - Prenzlauer Berg - Kulturbrauerei (fotolia.com @ rudiernst)
Berlin – Prenzlauer Berg – Kulturbrauerei (fotolia.com @ rudiernst)

Eine Renaissance erlebte die Brauerei ab 1998, knapp mehr als 30 Jahre, nachdem hier das letzte Bier aus dem alten Betrieb geflossen war. Im neuen Konzept ist diese Vergangenheit an vielen Stellen immer noch erkennbar, denn neben den markanten Klinkerfassaden wurden auch die Schriftzüge an den Fassaden der einzelnen Gebäude erhalten.

Ansonsten geht es auch hier inzwischen recht modern zu, die alten Brauereigebäude sind mittlerweile zum Heim für verschiedenste Unternehmen und Institutionen geworden. Von kulturell orientierten Einrichtungen wie den Musik- und Theaterschulen über Produktionsfirmen und Verlagshäuser bis hin zu kulinarischen Angeboten setzt das Konzept der KulturBrauerei ganz auf Vielfalt.

Im Grunde genommen ist das auch das Konzept des Prenzlauer Bergs als solchem. Das Viertel zieht junge und junggebliebene Menschen an, die sich hier zwischen der so charakteristischen Altbauarchitektur, der für Berlin typischen Gastronomie (zu der definitiv die Currywurst von Konnopke‘s Imbiss gehört), den vielen kleineren und größeren Clubs und einer ganzen Reihe einzigartiger Shoppinggelegenheiten sichtlich wohl fühlen.

Der Kollwitzkiez im Wandel

Der Bevölkerungsmix ist daher grundsätzlich bunt, sowohl hinsichtlich der Herkunft wie auch der Ziele der Menschen hier. Allerdings ist der Prenzlauer Berg genauso ein Beispiel dafür, wie Szeneviertel mehr und mehr von neuen Bewohnern vereinnahmt werden – ohne gleich den Begriff der Gentrifizierung auspacken zu wollen. Dennoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass der Kollwitzkiez längst nicht mehr die Heimstatt der Berliner Studierendenschaft ist.

Alternativ im punkigen Sinne des Wortes ist der Prenzlauer Berg nur noch vereinzelt, zum Beispiel im und um den Mauerpark. Stattdessen ist der Kollwitzplatz so etwas wie der Ausstrahlungspunkt eines neuen Kiezverständnisses geworden. Das Studentenviertel hat sich zum Familienbezirk gewandelt, in dem junge Menschen gerne ihre Kinder großziehen. Dass diese Entwicklung auch Schattenseiten haben kann, zeigt der Cartoonist Olaf Schwarzbach, besser bekannt unter seinem Pseudonym OL, immer wieder gerne auf.

Der „Mutter mit zwei Kindern“ stellt OL schon seit 2005 die neue Generation weiblicher Symbolfiguren an die Seite: „Die Mütter vom Kollwitzplatz“ sind ein satirischer Blick auf das nicht immer einfache Neben- und Miteinander von Alt-Berlinern und Neulingen. Gerade von ersteren gibt es in zunehmendem Maße weniger, denn sie können oft genug im wahrsten Sinne den Preis von Wandel und Sanierung nicht bezahlen.

Berlin, Kollwitzplatz (fotolia.com @ ArTo)
Berlin, Kollwitzplatz (fotolia.com @ ArTo)

Also zeichnet sich auf im Prenzlauer Berg ein ganz ähnliches Bild, wie in anderen Berliner Szenekiezen, wo Beliebtheit der Wohngegend und runderneuerte Wohnungen dazu führen, dass man als Interessent nicht nur über seine Einkommensverhältnisse, sondern am besten auch gleich über seine Schufa-Bewertung Bescheid weiß. Ein Problem, dass der Kollwitzkiez nicht exklusiv hat und das in gewisser Weise dafür sorgt, dass er trotz aller Veränderungen unterm Strich typisch Berlin bleibt und seinen Bewohnern und Besuchern ein ganz eigenes und hinter den Altbaufassaden vielschichtiges Erlebnis beschert.

Bild 1: fotolia.com @ edan

Bild 2: fotolia.com @ rudiernst

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