Der Roland Berger Preis für Menschenwürde wurde zum siebten Mal in Berlin verliehen

Durch die wahnsinnige Dynamik des politischen Geschehens weltweit reicht oft die Hilfe auf der Ebene der Entwicklungszusammenarbeit nicht aus. Erst vor ein paar Tagen haben wir Bilder gesehen – vom Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) in Somalia, ein Land welches sonst in bitterer Armut lebt, zur Zeit steht es unmittelbar vor einer Hungerkatastrophe. Vor dem Mikrophon der mitreisenden Journalisten zeigt sich Gabriel erkenntlich: „Wir müssen helfen“. Ach!! Muss es denn soweit sein, dass die ausgestreckte Hand der stärksten Wirtschaft Europas hilft? Nein! Die Roland Berger Stiftung zeigt wie es geht. Mit Bedacht, Augenmerk und mit einem verantwortungsvollen Kuratorium, dass buchstäblich über den Tellerrand hinaus guckt.

Roland Berger Preis Verleihung 2017 ( © Roland Berger Stiftung)
Roland Berger Preis Verleihung 2017 ( © Roland Berger Stiftung)

Am Donnerstag – früh am Abend (04.05.2017) – hatte die Preisverleihung stattgefunden und dass an einem geschichtsträchtigen Ort mitten in Berlin: das Jüdische Museum, das Gebäude mit der unverwechselbaren Handschrift des Stararchitekten Daniel Liebeskind. Nicht nur die Location hat symbolischen Charakter, die Wahl der Zeremonie auf das Lichthof war gold richtig und die Verleihung war bereits in der 7. Ausgabe. Auch die Anwesenden gaben dem Event den richtigen Ton und die richtige Schärfe: Roland Berger, der Stiftungsinhaber, Frau Malu Dreyer, Ministerpräsidentin des Bundeslandes Rheinland-Pfalz und, aktuell, zusätzlich Bundesratspräsidentin, Dr. Harald Braun, Deutscher Botschafter in den Vereinten Nationen und die Multitaskerin, die Ärztin und Tatort-Kommissarin, Maria Furtwängler. Sie und Frau Dreyer waren die letzten, die das Lichthof betraten, sozusagen, der faktische Höhepunkt des roten Teppichs. Understatement mit Stil. Auch das, ist Berlin.

Das Protokoll wurde elegant wie effizient geplant und (fast) ohne Unachtsamkeiten ausgeführt. Der einzige Patzer, ein ganz kleiner, war von der ZDF-Moderation, Dunja Hayali, die den Abend mit Stil und viel Empatie zwar begleitet, vergaß aber zunächst die Exzellenzen zu begrüßen, war sich aber nicht zu scheu, Herrn Berger darum zu bitten ihr „aus der Peitsche zu helfen“ als er zum Rednerpult ging.

Ob bei der UNO zu arbeiten (in diesen Zeiten noch Spaß macht) will sie von Herrn Braun wissen. Der antwortet kurz wie authentisch: „Flüchtlinge zu helfen macht Spaß. Die Arbeit beim UNO-Sicherheitsrat, weniger“. Höfliches und dezentes Gelächter im Publikum, denn erlösendes Lachen ist in dieser Zeit keinem zu Mute, aufgrund des bahnbrechenden Zustands der Weltpolitik.

Ca. 250 Personen haben sich aufmerksam das 120-minütige Programm angehört, samt Videos die mit den Preisträgern gemacht wurden, will heißen, in Sierra Leone, Irak und Tansania (ehemalige Deutsche Kolonie). Das Preisvergabekomittee in diesem Jahr bestand aus dem ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission und früherer italienischer Ministerpräsident, Romano Prodi, Dr. Shirin Ebadi, Anwältin und Friedensnobelpreisträgerin und die Tatortkommissarin und Ärztin, Maria Furtwängler.

Roland Berger Preis Verleihung 2017 ( © Roland Berger Stiftung)
Roland Berger Preis Verleihung 2017 ( © Roland Berger Stiftung)

Die Preisträger:

  • Ann-Marie Caulker – Menschenrechtlerin aus Siera Leone
    Frau Caulker setzt sich für die Rechte von Mädchen und Frauen ein und hat in ihrem Land, dem Traditionsritual der Genitalverstümmelung dem Kampf angesagt. Mit Erfolg für ein Leben in Selbstbestimmung, für Mädchen und Frauen, die mit Stigmatisierung und Verurteilen rechnen müssen und sogar von ihren Familien verstoßen werden, wenn sie sich diesem perviden Ritual über sich nicht ergehen lassen wollen. Da die Tradition Frauen ohne Verstümmelung für „unrein“ erklärt, durchleben Sie Zeiten von Ungewissheiten – in eine noch ungewissere Zukunft. In Sierra Leone gibt es kein Gesetz was diese Praxis, die Frauen ein Leben lang prägen, verbietet.
  • Organisation „Talent Search und Empwerment“, aus Tansania
    Seit 2008 hilft die NGO „hilfsbedürftige Kinder zwischen 9 und 20 Jahren“ zu mehr Selbstvertrauen, in dem sie mit den Kindern- und Jugendlichen Bildungs- und Freizeitangebote veranstaltet. Vor Ort lernen sie singen, tanzen, spielen Theater. Durch eine Kooperation mit dem Kulturverein „Ahsante Arts Group“ können sie auch tansanische Gedichte lernen und können ihre Talente entdecken, diese gefördert bekommen. Um dann selbstständiger daraus, idealerweise ihren Brotverdienst zu gestalten aber auch für andere in der Armenvierteln ein Vorbild sein, eine Hoffnung darstellen.
  • Verein WADI e.V., Irak
    Sage und schreibe 25 Jahre gibt es den Verein im Nordirak und aus dem 3er Team ist auch ein Deutscher dabei – Thomas von der Osten-Sacken. Auch im Nordirak ist das Thema Genitalverstümmelung ein großes Thema und wird umgeben vom großen Tabu darüber zu sprechen. Da kann WADI helfen. VereinsmacherInnen sprechen mit den Frauen, klären sie auf, organisieren Bildungsprogramme. Auch Frauen, die aus den Fängen des IS fliehen konnten oder freigekauft wurden und die in umlegenden Flüchtlingslager ausharren müssen, haben die Möglichkeit eine Tagesbetreuung im geschützten Raum des „Women Center“ in Anspruch zu nehmen. Sie werden mit dem Bus abgeholt. In der Zeit im Frauenhaus wird genäht, Grundkenntnisse des Friseurberufs können erlernt oder Computerkenntnisse erlangt werden und wer es braucht, kann auch Rechtsberatung in Anspruch nehmen. WADI hat die Frauenhäuser als erste Hilfestelle etabliert und hält, mittlerweile drei in der Anzahl.

Bildergalerie:

Die Dankesrede

Die Preisträger durften, ganz zum Schluss, zum Pult und sich bei Gott und (buchstäblich) die Welt bedanken. Mehr als die hübsche Summe, die die Träger erhalten und es bitter nötig haben für die Fortsetzung der Arbeit, die im Übrigen, von der Stiftung rigoros begleitet wird – um festzustellen, dass das Preisgeld dort investiert wird, wo es hingehört, war der Enthusiasmus und Optimismus in deren Stimme auf deren Gesichtsausdruck, weiter zu machen. Für den anschließenden Empfang mit Wasser, Wein und Canapès mussten sich die Gäste aus den Stühlen erheben, damit diese weggebracht werden konnten und die Stehtische gebracht wurden. So viel Improvisation und so wenig Protokoll verträgt nur Berlin und tut es mit Fassung.

Frau Calker, aus Sierra Leone sagt auf dem dort aufgenommenen Video: „Ich träume davon, dass eines Tages jedes Mädchen und jede Frau in Sierra Leone nicht mehr die Genitalverstümmelung durchleben muss und dass jedes Mädchen eine Chance auf Ausbildung hat. Frau Dreyer wiederum, hat in ihrer Laudatio erwähnt, dass Frau Calkers Traum gerne in Erfüllung gehen soll, dass aber dafür der Weg noch lang ist und versicherte, mit Frau Calker diesen Weg mitzugehen. Möge die Berliner Republik oder das Bundeslang X oder Y den Blick nach Afrika und nach den Krisenregionen aufrecht erhalten und immer aufmerksam über den Tellerrand gucken, damit es nicht zur Hungerkatastrophe kommt, wie in Somalia. Der altehrwürdige Spruch von der Oma behält, auch in postglobalisierten Zeiten, Gültigkeit hier und dort: „Es gibt nix Gutes, außer man tut es“ und die 2008 gegründete Roland Berger Stiftung geht mit gutem Beispiel voran.

About Fatima Lacerda

Kultur, Fußball, Musik sind meine Leidenschaften. Reiseberichte sind ein Genuss!

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