Neues von den „Geisterbahnhöfen“

Das waren unterirdische Bahnhöfe des Nahverkehrs, die von 1961 bis 1989 in der Innenstadt unter Ostberlin ohne Halt durchfuhren wurden und entsprechend vernachlässigt waren.  Jetzt hat die Bahn sich entschlossen, diese Stationen mit historischen Bildern aufzuhübschen, und da muss ich natürlich meinen Kommentar dazu abgeben. Aber wenn schon, denn schon: Hier erst mal ein paar Zusammenhänge !

S-Bf Potsdamer Platz (Achtung : Es gibt 3 Bahnhöfe !)

Als Kind war ich schon einigermaßen verwirrt als ich in der Innenstadt sah, dass hier die S-Bahn unterirdisch und die U-Bahn auf Stelzen fuhr – hatte ich es doch vorher gerade andersherum gelernt. Das ist heute auch manchmal für Neu-Berliner ein Problem. Warum die U-Bahn mal oben und mal unten fährt, ist ein eigenes Kapitel der Stadtgeschichte und ungefähr seit 1900 in der Diskussion gewesen. Bei der S-Bahn fuhr man aber erst seit 1936 unterirdisch. Bereits 1881 hatte man bei der Reichsbahn (der S-Bahn-Mutter !) zwei Kopfbahnhöfe in Ost und West miteinander verbunden (s. Blog-Artikel) und wollte das eigentlich auch in Nord-Süd-Richtung für den Fernverkehr machen, aber das ging dann damals nur unterirdisch und kam dann eben nur für den elektrischen S-Bahn-Verkehr in Frage, also zwischen Anhalter und Stettiner Bahnhof.

Zu den Olympischen Spielen 1936 sollte das eigentlich fertig sein. hat man aber nicht ganz geschafft. 1936 wurde in einer Stichstrecke erst der Bahnhof Potsdamer Platz eingeweiht, der Rest kam später. Bei den etwas übereilten Bauvorhaben gab es dann auch einen großen Unfall mit Todesfolgen, aus dem die Nazis dann einen großen Opfergang stilisierten. Nun ja …..   jedenfalls musste man früher von Dresden an die Ostsee fahrend in Berlin auf die S-Bahn wechseln, der heutige Nord-Süd-Tunnel der DB kam erst nach der Wende dazu.

So sah es hier mal aus !

Diese Bahnhöfe der S-Bahn lagen dann jedenfalls dicht unter der Oberfläche in der Innenstadt und waren in der Zeit dar totalen Spaltung „exterritionales“ Gebiet, d.h. die Westberliner S-Bahn wurde auch auf diesen Bahnhöfen akribisch bewacht, damit sich kein Ostdeutscher auf die Puffer schwingt (ist aber trotzdem einige Male gelungen, ha). Mit diesen und einigen anderen Schwerpunkten befassen sich nun die Fotos, die auf einigen „Geisterbahnhöfen“ ausgestellt sind (u.a. am Nordbahnhof), aber leider haben alle diese Bilder keinerlei Erklärung, ja noch nicht einmal eine Jahreszahl. Das betont sogar die Kuratorin Susanne Kill und meint, das würde zum eigenen Recherchieren anregen. Hier muss ich ihr vehement widersprechen, denn die Materie ist teilweise so kompliziert, dass man sie nur über Ort und Jahreszahl versteht. Geflügeltes Wort eines alten Stadtführers: Man sieht nur, was man kennt.

Weitere Anmerkungen:

  • Auch die unterirdischen U-Bahnhöfe waren einmal Geisterbahnhöfe, also nicht nur die der S-Bahn !
  • Das Bewachungspersonal der DDR wurde (teilweise) auf den Bahnhöfen eingeschlossen (Fahnenfluchtgefahr !)
  • Bei einem Unfall unterhalb Ostberlins wären die Notausgänge alle unpassierbar gewesen – kriege heute noch Gänsehaut bei dem Gedanken !
  • Pannen gab es schon mal: Fahrgäste mussten dann eben bis zu 3 Stunden auf eine Ersatz-Zugmaschine warten.
  • Die Ausstellung auf dem Verteilergeschoss des Nordbahnhofs (ehem. Stettiner) gibt es schon seit einigen Jahren. Empfehlenswert.

Die Tunnelbahnhöfe sollen ein erstes Projekt der neuen „Wohlfühlbahn“ sein, wir werden die weitere Entwicklung verfolgen. Eine Vorschlag hätte ich schon mal: Warum kann man an Bahnhöfen nicht auch automatische Zugportale vorsehen, damit es nicht immer so zieht ??

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