Buchvorstellung: Wo es die DDR noch gibt

Der diskrete Charme des real existierenden Sozialismus´ scheint immer noch – oder neuerdings wieder? – seine Anhänger zu haben. Aber so ist das eben mit den sog. „Abgeschlossenen Sammelgebieten“: je seltener die Artefakte werden, um so begehrter werden sie. Dazu gehört nun eben auch die gute alte DDR (heimlich auch Tätäräh genannt), und damit alle Nachgeborenen – oder Zugezogenen – sich zurechtfinden, gibt es jetzt ein kleines, feines Buch mit Hinweisen auf bekannte und versteckte DDR-Reliquien.

Die Schwierigkeit bei der Auswahl der Kapitel (66 Stück !), ob man geschichtliche Orte oder aber typische Objekte vorstellt, hat der Autor elegant gemeistert, indem er sich auf begehbare Orte in Berlin konzentriert. Alle gut beschrieben und adressiert, also auch ein interessanter Reiseführer – deshalb wohl auch im Reiseverlag erschienen.

Der wilde Osten an der Spree (KWO)
Der Traum von einer Plattenwohnung
Stalins Lampe ! (ähnelt leider der Lampe von Hitler)
Wo gibt´s die Mauer noch ? Hier kann man noch Reste kaufen

Anmerkungen :

Eigentlich sind wir ja alle tolerant und weltoffen, d.h. wir beurteilen einen Menschen nicht nach seiner Herkunft, Hautfarbe oder Religion, sondern nur nach seinen nachweislichen Qualitäten. Dennoch ist die häufigste Frage, die einem über 40jährigen Berliner gestellt wird, die Frage: Kommen Sie aus Ost- oder Westberlin? Daraus kann man ein interessantes Quizspiel machen, denn irgendwann verquatscht man sich immer – und manche erkennen die Kleinigkeiten der unterschiedlichen Begriffe (Plaste oder Plastik / Kob oder ABV / Kaufhalle oder Supermarkt / 2-Raum oder 2-Zimmer-Wohnung usw.usw)

Zweithäufigste Frage bei Stadtführungen: Sind wir hier im ehemaligen Osten oder Westen? Neben der Straßenbahn (neuerdings Tram genannt) kann man das eventuell an den Laternen oder an den Straßenschildern sehen, aber das ist eben auch nicht 100 %ig.

Die 66 Adressen des DDR-Führers sind jedenfalls alle 100 % im alten Osten, und wem dabei nostalgische Gedanken kommen, dem empfehle ich, mit Nummer 66 zu beginnen: dem Stasi-Knast in Hohenschönhausen. Führungen dort werden von ehemaligen Insassen gemacht, und danach wird man wahrscheinlich auch dem neuesten Statement von Wolf Biermann zustimmen: die beschissenste Demokratie ist immer noch besser als die beste Diktatur.

Und dann gibt´s hier noch den ultimativen Tipp für Globetrotter: Das DDR-Museum mit den meisten Exponaten steht eigentümlicherweise in Los Angeles. Aber vorerst könnte man sich das o.g. Buch besorgen : ISBN 978-3-945983-15-7

About Wolfkamp

Uralter Urberliner. Taxifahrer, Eisenbieger, Schneeschipper, Student, Wagenwäscher, Bananenverkäufer, Bauleiter, Ausbilder, Dozent, Hilfsarbeiter, Operator, Systemanalytiker, Autor, Stadtführer, SES-Experte, Seniorenfahrer, Berliner Schnauze, usw. usw. Ich glaub´, ich habe nichts vergessen . . . . . .

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One comment

  1. Hallo Wolfram,
    interessant deine Anmerkungen zum Buch. Mir ist nach der Wende der Begriff „auf der Strecke“ aufgefallen, auch „Bilderstrecke“ gehört dazu. Inzwischen wurde auch Bilderstrecke im Westen übernommen.
    Gruß
    Maria und Helmut

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