Interview mit dem Sänger Nevio Passaro

Im Rahmen der Festlichkeiten zum diesjährigen 25jährigen Jubiläum – Tag der Deutschen Einheit – in Berlin am Brandenburger Tor haben wir uns mit Nevio Passaro kurz vor seinem Auftritt getroffen und ein Interview geführt mit den Schwerpunkten: aktuelles Geschehen in Deutschland und Europa sowie seine Musik. Gute Unterhaltung!

inBerlin: Was bedeutet es für Dich heute (3.10.) hier zu sein?
Nevio: Ich fühle mich geehrt heute zu diesem Tag und vor dieser Kulisse auftreten zu dürfen. Ich glaube es gibt keinen prädestinierten Ort für diese Feier als das Brandenburger Tor. Und es geht um eine starke Symbolik gerade im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingsthematik, die zeigt, dass die Menschen Bock aufeinander haben, wie vor 25 Jahren, daran sollten wir uns erinnern.

Nevio Passaro auf der Bühne beim Tag der Deutschen Einheit in Berlin (03.10.2015)
Nevio Passaro auf der Bühne beim Tag der Deutschen Einheit in Berlin (03.10.2015)

inBerlin: Kannst Du Dich an die Jahre 1989/1990 erinnern?
Nevio: Wenn ich mal meine mathematischen Fähigkeiten nutze, so war ich zu diesem Zeitpunkt 9 bzw. 10 Jahre. Daher kann ich mich nur dunkel daran erinnern, wir lebten zu diesem Zeitpunkt in Franken. Wie andere auch, hab ich mit meinen Eltern vor den Fernseher gesessen und viele jubelnde Menschen gesehen, konnte aber die Dimension nicht begreifen. Ich spürte aber die Auswirkungen u.a. in meiner Schule, es waren viele neue Schüler aus der ehemaligen DDR gekommen, von denen einige seitdem zu meinen Freundeskreis gehören und dafür bin ich sehr dankbar.

inBerlin: Was kanntest Du von der DDR?
Nevio: Ich war tatsächlich schon vor dem Mauerfall dort, zusammen mit meinem Onkel, welcher immer viel auf Reisen war. Wir waren an einen Nachmittag mal „drüben“ und haben tatsächlich für wenig Geld in einem Restaurant gut gegessen, was mein Onkel kannte. Mehr fällt mir leider nicht ein, da es doch zu lange her ist.

inBerlin: In diesem Kontext, inwieweit spielt da Deine Italienisch-Deutsche Abstammung eine Rolle?
Nevio: Ich war vor kurzem zwei Wochen in Italien, dort habe ich die Flüchtlingsthematik an der Küste hautnah mitbekommen. Das hat jetzt direkt nichts mit der deutschen Wiedervereinigung zu tun, aber es geht um Menschlichkeit. Zu meinem persönlichen Hintergrund, ich fühle zwei Herzen in meiner Brust, deutsch und italienisch – ich sehe es als Bereicherung. Fast passend dazu, wird mein nächstes Album „Nordsüdlich von hier“ heißen.

inBerlin: Wie wurde der 25. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung in Italien wahrgenommen?
Nevio: Man nimmt es wahr, aber eher am Rande, wie ein innenpolitisches Thema, welches primär die Einheimischen interessiert. Größere Emotionen konnte ich letztes Jahr wahrnehmen, zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, gerade ältere Menschen haben intensiv drüber gesprochen, in Erinnerungen geschwelgt und sich umarmt.

inBerlin: Wie hat sich Deutschland in den letzten 25 Jahren entwickelt?
Nevio: Deutschland hat an Identität und gesundes Selbstbewusstsein gewonnen, gerade wegen dem psychologischen Komplex bzgl. des zweiten Weltkrieges. Gerade die Fußball-WM 2006 hat Deutschland offener gemacht, es war ein tolles WIR-Gefühl für alle Beteiligten, was auch eine entsprechende Auswirkung hatte. Da wurden auch viele Vorurteile und Klischees gegenüber Deutschland revidiert.

inBerlin: Was wünscht Du Dir für die nächsten 25 Jahre von und für Deutschland?
Nevio: Das keine Unterschiede mehr spürbar sind zwischen den alten und neuen Bundesländern, da gibt es ja aktuell z.B. immer noch ein Lohngefälle. Und aktuell wünsche ich mir, dass für die Flüchtlinge, welche gerade in Deutschland sind, genug zu Essen da ist und ein Dach über dem Kopf haben. Der Medienfokus bewegt sich ja ständig und es ist wichtig das wir die Flüchtlinge nicht vergessen.

inBerlin: Seit 2007 wohnst Du in Berlin, warum?
Nevio: Die ersten zwei Jahre waren nicht ganz einfach, gerade weil ich zuvor in Bologna studiert hatte und das Mittelmeerklima genießen durfte. Dann bin ich an einem grauen Wintertag in Berlin eingetroffen, was erst mal ein Schockmoment war. Hatte mich damals aber bewusst für Berlin entschieden, wegen dem musikalischen Umfeld und einige Freunde sind hier zu Hause. Ich habe die Stadt dann über die Zeit lieben gelernt, quasi Liebe auf den zweiten Blick und eine Ende ist nicht absehbar.

inBerlin: Was zeigst Du Deinen Gästen von Berlin?
Nevio: Nun ja, man kommt nicht drumherum, die Mainstream-Highlights muss ich beim ersten Mal schon zeigen. Bei weiteren Besuchen wird dann gegrillt, bei mir auf dem Balkon mit schönem Ausblick.

inBerlin: Wo kann man Dich demnächst musikalisch erleben?
Nevio: Abgesehen von heute (3.10. Anmerkung der Red.) plane ich noch ein „Heimat-Konzert“ in Franken, voraussichtlich Ende November. Dann folgt eine Charity-Gala in Dresden zugunsten HIV und AIDS-Kranker. Dann wird natürlich auch die neue Tour geplant.

inBerlin: Gibt es andere Projekte?
Nevio: Ja, ich plane ein Musikprojekt für Menschen mit Behinderung mit dem Titel „Exklusiv kann jeder e. V.“ und da wird man in der Zukunft u.a. über meine Kanäle was hören.

inBerlin: Möchtest Du noch was loswerden?
Nevio: Peace and Love!

Viele Dank für das Interview und Alles Gute!

Homepage: nevio.tv
FB-Seite: nevio.official

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Komme aus der Provinz und seit 1999 Berliner! Mich interessiert hauptsächlich Geschichtliches und Kreatives aus der spannendsten Metropole Deutschlands.

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3 comments

  1. Bodenständiges Interview! Fand auch seine Rede da sehr gut! Menschlichkeit wird ganz schnell vergessen, aber ist einfach extrem wichtig. Also gut gesagt Nevio!
    Musiktechnisch kann man hier auch von ihm und Berlin geniessen: https://www.youtube.com/watch?v=rXUGpEvC0zs. Viel spass!

  2. Ich danke Ihnen für dieses interessante Interview. Toll mal die Wiedervereinigung aus Sicht dieses Sängers zu sehen. Ein sehr informativer Blog!
    Mit besten Grüßen,
    Hendrik

  3. Ein tolles Interview. Vielen Dank für diesen interessanten Einblick. Schaue gerne mal wieder in diesen Blog rein.

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