Buchvorstellung: Abgerissen! Verschwundene Bauwerke in Berlin

Wie gut, dass es Bildbände gibt, die sich auch einmal dem widmen, was nicht mehr zu sehen ist. Selbst für mich als altem Berliner gab es eine Reihe von Aha-Erlebnissen beim Durchblättern durch dieses gut aufgemachte und übersichtliche Büchel (unter 100 Seiten, also auch für Nichthistoriker zu bewältigen).

„Nicht jeder abgerissene Bau ist ein Verlust. Aber manche Abrisse tun weh“ ist der Eröffnungssatz von Arnt Cobbers, und dem muss ich voll zustimmen. Es ist im Nachhinein kaum noch nachvollziehbar, mit welcher Abrisswut man die Folgen des 2. Weltkriege kaschieren wollte und mit welchem unkritischen Optimismus man glaubte, die sog. Moderne mit aller Macht ins Stadtbild zu klotzen.

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Modell vom „Anhalter“ im Technik-Museum

Eine irrwitzige Abrisssünde steht gleich am Anfang: die des Anhalter Bahnhofs.

Verdikt der Denkmalsbehörde (damals !):“ …. kann nicht als künstlerisch wertvoller Bahnhof angesprochen werden. ….die Erhaltung ist …. nicht zu verantworten.“ Heute würden sich Denkmalsschützer dort anketten, und irgendwie muss Irgendjemand in letzter Sekunde ein schlechtes Gewissen bekommen haben, weshalb noch ein paar Quadratmeter vom Portikus stehengeblieben sind.

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Der klägliche Rest !

Bei der Abstimmung über den Abriss des (beschädigten) Charlottenburger Schlosses soll nur eine Stimme gefehlt haben, sonst hätten wir das Pendant zum Abriss des Stadtschlosses auch im Westen gehabt. Vorstellbar ist eigentlich nur, dass bei den gigantischen Schutthaufen Berlins damals kein Geld, keine Geduld und keine Phantasie vorhanden war.

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Um ein Haar auch Opfer der Spitzhacke !
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Tja, über Geschmack lässt sich streiten ….

Dagegen erscheinen Neubauten, die wir damals schick und modern fanden, heute eher peinlich – wobei : Manches aus den 50er Jahren ist auch schon wieder ein Denkmal. Aber so schnelllebig (au weia, 3 x l) ist eben unser Geschmack : Irgendwann gewöhnt man sich auch an umstrittene Bauten, und später sind sie sogar ein Wahrzeichen. (Eiffelturm z.B. !!)

In diesem Buch kann sich darüber so JedeR seine Gedanken machen, die übersichtliche Gliederung hilft dabei. Cobbers unterscheidet vier Abrissphasen

  • Ruinenabrisse
  • Abrisse für Neubauten während der Spaltung
  • Abrisse nach der „Wende“ (PdR !) und
  • Abrisse für die neue Boom-Town).

Die Texte sind kurz und knackig, reich bebildert und mit kleinem Lageplan versehen. Ein Muss für Stadtführer und Architekturstudenten –  und Pflichtlektüre für Bausenatoren !

Zu erhalten im guten Buchhandel oder direkt beim Verlag.

ISBN   978-3-89773-764-8

About Wolfkamp

Uralter Urberliner. Taxifahrer, Eisenbieger, Schneeschipper, Student, Wagenwäscher, Bananenverkäufer, Bauleiter, Ausbilder, Dozent, Hilfsarbeiter, Operator, Systemanalytiker, Autor, Stadtführer, SES-Experte, Seniorenfahrer, Berliner Schnauze, usw. usw. Ich glaub´, ich habe nichts vergessen . . . . . .

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One comment

  1. Hallo Wolfkamp,

    ich fahre auch jeden Tag am Berliner Bierpinsel vorbei und finden den Bau nach wie vor schrecklich :o) Aber dass das Schloss Charlottenburg abgerissen werden sollte, ist mir neu. Zum Glück ist das nicht passiert, denn ich gehe da sehr gern spazieren. Vielen Dank für den Buchtipp, ich werde mir das Buch direkt mal bestellen.

    Viele Grüße
    Gerhardt

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