Wege gegen den Fußball-Frust in Berlin

Fußball und Berlin ist wohl eine andauernde Leidensgeschichte.  Aber es gibt Möglichkeiten der dritten Art, Fußball außerhalb der 1. Bundesliga kennenzulernen, und zwar in Köpenick, beim 1. FC Union !!!

Hier der Versuch eines Nichtfußballers (bin seit –zig Jahren Volleyballer!), ein Lokalphänomen aus dem Berliner Südosten zu erklären, das spätestens seit dem „größten Wohnzimmer der Welt“ zur Fußball WM 2014 auch den Hipstern in Berlin-Mitte irgendwie aufgefallen sein müsste.

FCUnion08

An der Wuhlheide wurde – nicht zur Freude aller Vereinsmitglieder – das Fußballstadion „an der alten Försterei“ des FC – Union im Sommer 2014 mit hunderten von Sofas zum größten Wohnzimmer der Welt umgebaut, um wie in der guten, alten Zeit gemeinsam im Wohnzimmer die WM in Brasilien zu verfolgen (heute heißt das ja public viewing, obwohl die Angelsachsen darunter etwas Anderes verstehen!) Und wer im Advent aufgepasst hat, wird auch mitgekriegt haben, dass das Weihnachtssingen in der alten Försterei nunmehr derart beliebt geworden ist, dass man Eintrittskarten vorbestellen muss.

Nun hat man – wie immer – mehrere Möglichkeiten, diesen speziellen Flair der Eisernen zu erleben:

  • mit Sicherheit bei einem Fußball(heim)spiel in einer Arena, die nicht nach einem Geldgeber benannt wurde und fast nur Stehplätze hat,
  • mit Hintergrundinformationen, die man bei einer Stadionführung bekommt inklusive der vier eisernen Grundsätze für Union-Anhänger
  • und – wenn man dann Blut geleckt hat – sicherlich durch eine Mitgliedschaft im Verein (wobei ich nicht weiß, ob Union eigentlich Jeden nimmt)

Ersteres muss ich nun endlich mal machen, das zweite habe ich gerade hinter mir und kann es nur empfehlen. Im Stadion gibt es viele, kleine Besonderheiten, die von der Fantasie und der Liebe der Union-Fans zeugen – – – ich hoffe, mittels der Schnappschüsse kommt das etwas rüber.

Ob ich aber Mitglied werde, ist mir so ganz noch nicht klar, denn natürlich habe ich zum Profi-Fußball noch´n paar kritische Anmerkungen:

Dieser regionale 2.-Liga-Verein lebt (und leidet) von seiner Geschichte als Anti-Verein zu Mielkes Verein der Hauptstadt der DDR ! (Den Namen darf man in Köpenick unter Androhung von Strafe nicht nennen!) Und es gab mal Zeiten (1946), in denen nur Spieler aus diesem Bezirk spielen durften. Insofern hat Union das Image des ewigen Underdogs aus einem Außenbezirk – und darüber sind die Fans gar nicht mal so unglücklich.

Jetzt ist man aber ein Wirtschaftsbetrieb, und der ist wie jeder andere Verein ein global player, d.h. er muss sich seine Leistungsträger zusammenkaufen. Wieweit sich das mit Köpenicker Lokalpatriotismus verträgt, sei dahingestellt – aber das betrifft ja eigentlich alle anderen Mannschaften auch. Ja sogar Nationen kaufen sich ihre Mannschaften einfach auf dem Spielermarkt zusammen, wie wir es gerade in Katar erlebt haben. Warum ich da für (oder gegen) eine bestimmte Mannschaft sein soll, ist mir dann eigentlich schleierhaft. Mal sehen, wie Union diesen Spagat schafft.

Wer also jetzt noch einmal so richtig gute Fußballstimmung im Stadion – ohne Randale, ohne Hooligans und mit ein bisschen Lokalkolorit erleben will, der sollte hierher kommen – im Olympiastadion sitzt man ja viel zu weit weg vom Spielfeldrand!

Und noch´n paar Besonderheiten:

  • Niemals vor Ende des Spiels gehen (Todsünde)!
  • Seit einigen Jahren gibt´s auch ein Maskottchen : Ritter Keule (vermutlich aus Eisen)
  • Unions Hymne ist (natürlich) von Nina Hagen – hier zu hören.
  • Im Tunnel of Fame kann man sich mineralisch verewigen (erinnert an die Steinreich-Aktion des Tempodroms)
  • Union hat sogar ´ne Tankstelle (mit Fan-Shop)

U N V E U   (s. Fotogalerie !)

About Wolfkamp

Uralter Urberliner. Taxifahrer, Eisenbieger, Schneeschipper, Student, Wagenwäscher, Bananenverkäufer, Bauleiter, Ausbilder, Dozent, Hilfsarbeiter, Operator, Systemanalytiker, Autor, Stadtführer, SES-Experte, Seniorenfahrer, Berliner Schnauze, usw. usw. Ich glaub´, ich habe nichts vergessen . . . . . .

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