Die alte Mälzerei in Tempelhof

Wer schon immer mal wissen wollte, was sich unter diesen vier riesigen „Schornsteinen“ in Tempelhof verbirgt – die kann man sogar schon von der Ringbahn aus sehen – der sollte sich an einem (ausgewiesenem) Sonnabend eines Monats am Fabrikeingang der Mälzerei in der Bessemer Straße einfinden (nächste Termine: 14.2 und 14.3.2015). Um 14 Uhr findet dann stets eine Führung statt, die einen kleinen Einblick in die Geschichte der Braukunst und der Berliner Industriebauten gibt.

Die vier "Ritter"
Die vier „Ritter“

Zuerst eine Richtigstellung : Es handelt sich bei den abgebildeten Monstren nicht um Schornsteine, sondern um Darrefaxe, d.h. Abluftöffnungen einer Trocknungsanlage. Natürlich stehen sie unter Denkmalschutz !  (In 50 Jahren stehen wahrscheinlich auch Atomkraftwerke unter Denkmalschutz …. !?)

Die Führung selbst verlangt vom unbelasteten Besucher einige Kenntnisse der Biologie und der Braukunst, so Einiges versteht man als reiner Bierkonsument nicht. Die gewollt ausgeklammerte Diskussion über das „deutsche (eigentlich bayerische) Reinheitsgebot“ wurde nur gestreift, was tatsächlich Bier heißen darf und was nicht, verstehe ich bis heute nicht so richtig – da haben die Neuzeller Brauer (die mit dem schwarzen Abt) so ihre eigenen Erfahrungen. Dieses Gebäude war dann aber eben auch keine richtige Brauerei, sondern nur eine Mälzerei, und Malz ist eben auch nur ein Bestandteil von Bier (aber auch von alkoholfreiem Malzbier, Entschuldigung :   -trunk !)

Ob hier am Tag des Deutschen Bieres (23.4.) auch gefeiert wird, konnte ich dem Veranstaltungskalender nicht entnehmen, aber am ersten Wochenende im Juni findet wohl immer ein Malzwiesenfest statt – Näheres dazu auf der Homepage.

Zum Schluss der Führung wurde dann auch auf die letzten Jahre eingegangen: Diese Mälzerei ist seit langem schon nicht mehr in Betrieb, der Investor hat nunmehr alle kleineren Gebäude ringsherum saniert, auf der Homepage kann man erfahren, welche Firmen nunmehr hier anzutreffen sind – Kultur und Denkmalpflege werden jedenfalls groß geschrieben. Wie das riesige Hauptgebäude restauriert und gleichzeitig neu genutzt werden soll ist mir dabei nicht ganz klar, denn einige der riesigen Tanks, Silos und Trockenroste gehen über mehrere Etagen. Möglicherweise werden wieder einmal Künstlerateliers draus, ich werde schon mal einen Lehrgang im Skulpturenschweißen belegen.

Meine offenen Fragen, wo denn nun derzeit das ganze Bier herkommt, das  den Markt überschwemmt, habe ich mir verkniffen. Ich hoffe nur, nicht aus China. Immerhin haben wir dem hiesigen Bierdurst der letzten hundert Jahre zu verdanken, dass ein großer Anteil von IT-Startups und Kultureinrichtungen Berlins sich in ausgedienten Brauereien (und Mälzereien) über großzügige Gewerberäume freuen darf.
Darauf ein kühles Schwarzes !

About Wolfkamp

Uralter Urberliner. Taxifahrer, Eisenbieger, Schneeschipper, Student, Wagenwäscher, Bananenverkäufer, Bauleiter, Ausbilder, Dozent, Hilfsarbeiter, Operator, Systemanalytiker, Autor, Stadtführer, SES-Experte, Seniorenfahrer, Berliner Schnauze, usw. usw. Ich glaub´, ich habe nichts vergessen . . . . . .

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7 comments

  1. Mensch, da fahre ich nun fast täglich vorbei uns sehe die Schornsteine (pardon, Darrefaxe!) aber habe mir noch nie Gedanken gemacht, wozu die eigentlich gehören. Ein schöner Einblick, Danke! — Nur schade, dass das den Fotos nach zu urteilen ganz schön runtergekommen aussieht mittlerweile. Das ist dann wohl der negative Effekt des Denkmalschutzes, dass man nichts wirklich ändern darf oder erneuern darf…

  2. Hallo

    danke für die Erklärung und die vielen Fotos. War auf der Suche nach Infos was es mit den Schornsteinen auf sich hat. Jetzt weiß ich es 🙂 🙂

    Gruß Chris

  3. Da kommen alte Erinnerungen hoch. Ich wohnte in meiner Kindheit nicht weit weg von der alten Mälzerei.

  4. Irgendwie schade, dass es nur für eine Stunde ist.
    Finde die Tour daher überhaupt nicht reizvoll für Hobbyfotografen. Mal schnell durchgeführt und dann sich irgendwas anhören müssen… Schade, dass die keine Fototour anbieten wo man nicht bequatscht wird, aber mal für höchstens 2 Stunden fotografieren kann.
    Auf unscharfe Fotos bin ich nicht scharf 🙂

    • Hej Alex,

      ich denke, das ist alles eine Sache der Vereinbarung. Einfach mal mit der Geschäftsleitung sprechen (mailen etc.), dann ist sowas bestimmt machbar. Aber die Leute der Führung haben eben auch ihren Stundenlohn (Mindestlohn ??).
      Als ich durchgegeangen bin, hat´s auch über 2 Std. gedauert – reicht natürlich nicht, um Stative + Beleuchtung aufzustellen …. ….. ….. …..

      😉
      wolfkamp

  5. Ich bin damals auch häufig daran vorbeigefahren und habs mir gar nicht sooo genau angeschaut…dachte es wären alte Schornsteine 🙂
    @alex
    es gibt im Netz irgendwo eine Seite, wo sich Hobbyfotografen über die besten Locations austauschen. Da waren auch viele stillgelegte Fabriken etc dabei, auch in Berlin. Wenn ichs nur wüsste, wo ich das gesehen habe. Zur Not mal danach in einer Foto-Community fragen. Während eine offiziellen Führung wirds wirklich keen Spaß machen….

  6. Ich bin auch schon lange nicht mehr dort gewesen, für mich waren das immer Schornsteine. ein wirklich netter Beitrag und tolle Fotos. gibt für Fotografen sicher eine Tolle Location ab 🙂

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