Buchbesprechung: Berlin tanzt in Clärchens Ballhaus – 100 Jahre Vergnügen

Passend zum 100jährigen Bestehen von Clärchens Ballhaus in Berlin-Mitte, kommt ein umfassendes Werk, zusammengetragen von Marion Kiesow, in unsere Hände. Das Ballhaus dürfte und sollte wirklich jedem Berliner ein Begriff sein. Schließlich ist es eine legendäre Berliner Institution und quasi auch ein Berliner Original, was uns viel erzählen kann und will, aber der Reihe nach…

Biergarten vor dem Ballhaus, 2012 © Bernd Schönberger
Biergarten vor dem Ballhaus, 2012 © Bernd Schönberger

Ein kurzer Abriss in die Geschichte: 1913 wurde die Örtlichkeit als „Bühlers Ballhaus“ im Hinterhaus der Auguststraße 24–25 von Fritz Bühler und seine Ehefrau Clara eröffnet. Angeboten wurden zwei Tanzsäle, der große Saal im Erdgeschoss für das „normale“ Volk und in der ersten Etage, der Spiegelsaal für das gehobene Volk. Eins hat aber alle Menschen vereint, die Lust am Tanzen, abschalten vom gewohnten Alltag oder einfach nur vergnüglich unterwegs sein. Das Ballhaus erlebte Höhen und Tiefen, vieles persönlicher Natur aber es war auch immer ein Spiegel und im Fokus der gesellschaftspolitischen Entwicklungen ob im damaligen Kaiserreich, der Weimarer Republik mit den goldenen zwanziger Jahren, das dunkle Nazi-Reich, die misstrauische DDR und hinein bis in die heutige Zeit.

Das „Jubiläums“ – Buch ist fast kein normales Buch und das im positiven Sinne gesehen, sei es vom Buchanfang gelesen oder einfach mittendrin, es kann von vorn, von hinten und querbeet gelesen werden. Es geht sinnvollerweise chronologisch los, mit den Anfängen des Hauses und Ballhäusern im Allgemeinen. Folgend mit den Inhabern des Hauses, allen voran Clara Mixdorf, die 1912 den älteren Fritz Bühler heiratete und welcher 1929 verstarb. Clara heiratete nochmal, den charmanten Arthur Habermann. Das Ballhaus war ihr Leben und dementsprechend war sie mit Herzblut dabei. Später folgte die Inhaberin Elfriede Wolff bis 1989 und gab dem Haus den legendären Namen, dann wurden die Wechsel schneller. Ein so großes Haus braucht auch Personal von A bis Z und viele Gäste, die haben natürlich auch ihren Platz in diesem umfangreichen Werke erhalten.

Buchtitel und Garderobe in Clärchens Ballhaus -  2011 © Bernd Riehm
Buchtitel und Garderobe in Clärchens Ballhaus – 2011 © Bernd Riehm

Abgerundet werden die Inhalte mit Geschichten lokaler oder weltpolitischer Natur wie die Weltkriege und der Mauerbau. Des weiteren gibt es unterhaltsame kulturelle Einführungen in Musik, Tänze, Moden der jeweiligen Zeiten. Unterstützend hierbei ist das vielfältige Layout, kaum eine Seite gleicht einer anderen Seite. Diverse Abbildungen, Fotos und dazugehörige Texte vermitteln den Inhalt sehr anschaulich wie Quittungen, Wertmarken, Eintrittskarten, Fotos aus allen Blickrichtungen und Detaildarstellungen wie welche Stühle führt das Haus, wie sind die Tische dekoriert und … . Aber auch Hinterlassenschaften wie Gästebucheinträge ala „… wurde in der Garderobe meine Jeansjacke vertauscht, sie war erst 10 Tage alt.“ und Danksagungen von gefundenen Pärchen haben Ihren Platz.

Über 400 Seiten und 660 Abbildungen laden den geneigten Leser ein, einzutauchen in eine vergangene Welt, die noch immer spürbar ist und ein Ort der zum Teil immer noch beständig ist aber sich auch weiterentwickelt dank der zahlreichen Besucher. Einen großen Dank an die Autorin Marion Kiesow, welche fleißig und mit viel Herzblut dieses runde Werk zur Welt gebracht hat. Es ist würdig das Buch des Hauses von Clärchen zu sein. Zu empfehlen ist dieses schöne Werk für Berliner, für Fans der Kulturgeschichte oder einfach nur für Tanzwütige. Erhältlich im guten Buchhandel oder direkt beim Verlag.

Marion Kiesow
Berlin tanzt in Clärchens Ballhaus
100 Jahre Vergnügen – eine Kulturgeschichte
416 Seiten, 24 x 22 cm
660 farbige und s/w-Abbildungen
gebunden
ISBN 978-3-89479-784-3

About waldnase

Komme aus der Provinz und seit 1999 Berliner! Mich interessiert hauptsächlich Geschichtliches und Kreatives aus der spannendsten Metropole Deutschlands.

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