Revolution der Flüchtlinge – Berliner machen den Unterschied

An einem Samstag, wo es in Berlin kälter war als in Sibirien… Klirrende Rekordkälte begleitet von großer Windstärke hat die Berliner nicht davon abgehalten, Samstag um 14 Uhr zum Oranienplatz zu gehen und den dort seit Monaten campierenden Flüchtlingen, ihre Solidarität zu bekunden. Berliner aller Couleur, Eltern mit teilweise kleinen Kindern, Studenten, Aktivisten von Nicht-Regierungsorganisationen und viele Migranten machten aus zunächst erwarteten 800, eine friedliche Demonstration mit 3000 Teilnehmern unter dem Motto „Revolution der Flüchtlinge“.

Wer mit der unterstützenden Anwesenheit von Berliner Politgrößen gerechnet hatte, wurde enttäuscht.  Dabei fand erst vergangenen Mittwoch im Abgeordnetenhaus das jährliche „Migrantentreffen“ der Bündnis 90/Die Grünen statt. Ein wunderbarer Anlass für die anstehende Demo zu mobilisieren. Weder die Grünen noch die Sozialdemokraten ließen sich auf der Demo blicken. Dies spiegelt nicht die Wirklichkeit des Berliner Parlaments wieder. In einer von den Ländern beauftragten Studie „Integrationsmonitoring“ wurde festgestellt, dass 11,7% der Volksvertreter im Abgeordnetenhaus Migrationshintergrund hat. Umso unverständlicher, dass in der entscheidenden Protestphase die Aushängeschilder der Berliner Migrationspolitik der Demo fernblieb.

Der schon mehrere Monate andauernde Protest über die Asylpolitik der Bundesregierung streckt sich übers gesamte Bundesgebiet (Bayern, Bremen, Berlin) und fordert allgemein bessere Bedingungen für Flüchtlinge in Deutschland. Im konkreten aber fordern sie die Abschaffung der Residenzpflicht, eine gesetzliche Grundlage, die besagt, dass Flüchtlinge sich nur in den Landkreisen zu bewegen haben, denen sie zugewiesen wurden.
Die Flüchtlinge im Infostand auf dem Oranienplatz klagen über Diskriminierung, Einschränkung der Bewegungsfreiheit und damit Verletzung ihrer Menschenrechte. Die Transparente brachten es auf den Punkt: „Kein Mensch ist illegal„, „Abschiebung Stoppen“, „Kein Abschiebeknast“; letzteres beziehend auf den bereits jetzt fertig gebauten Abschiebeknast im neuen BER Flughafen. Man stelle sich vor: Der Bau des BER Flughafens ist aufgrund gravierender Planungsmängel ins Stocken geraten, der Abschiebeknast auf dessen Gelände ist jedoch einsatzbereit.

Wer neben den regelmäßig stattfindenden Demos die Flüchtlinge unterstützen will, kann am Oranienplatz vorbei schauen und sich dort mit ihnen unterhalten und austauschen. Decken und Schlafsäcke sowie länger haltbare Lebensmittel werden dringend benötigt.

Flüchtlingshilfe auf Bundesebene sieht schon anders aus: In einer Pressemitteilung des Deutschen Bundestages am 21.03. wird verkündet, die BRD habe sich bereit erklärt zunächst 5.000 syrische Flüchtlinge meist katholischen Glaubens aufzunehmen und verspricht, bürokratische Hürden beim Ehegatten- und Familiennachzug zu erleichtern. Während dessen wird, auch wenn recht spät, an einem – vom Bundesinnenminister Friedrich (CSU) zusammen mit EU-Kommissarin Cecilia Malmström – europäischen Aufnahmeprogramm konzipiert.

Wenn der politische Wille vorhanden ist, muss die Solidarität nicht lange auf sich warten lassen. Die Flüchtlingsprobleme gibt es auch hier vor unserer Haustür. Wer solchem Schicksal nie unterworfen wurde, kann sich kaum vorstellen was es heißt: Heimat, Freunde und Familie hinter sich zu lassen, aus Kriegsgebieten flüchten zu müssen um das eigene Leben zu retten. Dann im kalten Deutschland ankommen und monatelang auf dem Oranienplatz oder in der Kreuzberger Gerhart-Hauptmann-Schule zu campieren. Am vergangenen Wochenende waren es nicht etwa die Berufspolitiker, die ihrer Bürgerpflicht nachgegangen sind, es war die Berliner Bevölkerung, die einer alten Berliner Tradition unmissverständlich untermauerte: Nicht nur die Hugenotten, fliehend aus dem 30-jährigen Krieg, sondern unzählige andere Völker haben in Berlin einen sicheren Ort zum leben und arbeiten gefunden.

Mehr Infos:

In der Bildergalerie seht Ihr die vom Berliner Photographen Christian Könneke für inberlin kostenlos zur Verfügung gestellten Photos.

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