Hinterm Horizont – „So´ne geile Ost-West-Side-Story“ ???

 „Oktober 1983, Lehrlingswohnheim, Rostock Lütten-Klein, Fernsehraum: So voll, dass kaum Luft zum Atmen war. Aber wir mussten ihn alle sehen. Udo in der DDR, im Palast der Republik. Unser Idol. Unser Gott. Unser Alles. Ganze drei Lieder und er war wieder weg. Geblieben war die Hoffnung, dass es im Jahr darauf eine Tournee geben würde. Daraus wurde jedoch nie etwas.“ – Meine persönliche Geschichte dazu.

Genau damit und dem Beginn einer in diese wahre Geschichte eingebauten fiktiven Lovestory, die dem „Mädchen aus Ost-Berlin“ zugeschlagen wird, startet das neue Musical „Hinterm Horizont“. Normalerweise reicht das an Story, jedenfalls für ein Musical, das nur ein solches sein will. Den Machern hier scheint dies nicht zu genügen. Das kann gut gehen. Aber der Reihe nach.

Hinterm Horizont - Udo Lindenberg Musical
Hinterm Horizont – Udo Lindenberg Musical

Die Ouvertüre bildet der Song „Mädchen aus Ost-Berlin“. Wer davon im weiteren Verlauf mehr erwartet: Fehlanzeige. Gleich danach erscheint der Hauptdarsteller als Udo Lindenberg und schmettert „Hinterm Horizont“. Hieß so nicht das Ganze? Ok, also das ist dann auch schon mal weg. Die eigentliche Story bildet eine Rahmenhandlung. Eine hochmotivierte Journalistin findet auf Anhieb das seit Jahrzehnten gesuchte „Mädchen aus Ost-Berlin“. Die hat natürlich nur auf diese Ansprache gewartet und quasselt los. Von da an wechseln sich eingespielte Originalaufnahmen aus dem letzten Jahrzehnt des Kalten Krieges mit teilweise sehr langen Sprechszenen. Schön, dass das ab und zu von Musik unterbrochen wird. Leider etwas zu selten.

Zurück zur Story. Die beschränkt sich jetzt eigentlich auf die Verfolgung des Udo L. und seiner (zugegeben sehr reizenden) Freundin durch die Stasi, die von nun an omnipräsent ist. Grande Finale dann im Hotel „Atlantic“. Mich hat das nach kurzer Zeit nur noch genervt.

Hinterm Horizont - Udo Lindenberg Musical (copyright: TA)
Hinterm Horizont – Udo Lindenberg Musical (copyright: TA)

Ich gehörte zu der deutlichen Mehrheit, die wegen der Songs von Udo Lindenberg ins Musicaltheater an den Potsdamer Platz gekommen sind. Über Ansätze, diese mehr als genug vorhandenen Songs geschickt einzubauen, kommt man leider nicht hinaus. Das ist sehr schade, da die Chancen mehrfach gegeben ist. Die Szenen in Moskau („Moskau ist ´ne Wahnsinns Halli-Galli-Stadt“) oder im Atlantic-Hotel („Alles klar auf der Andrea Doria“, „Ganz anders“) sind Weltklasse. Selbst das von Stasi-Offizieren eher verstockt vorgebrachte „Fieber“ hat sehr hohen Unterhaltungswert. Die in einer Lovestory normalerweise vorhandenen arienhaften Liebeslieder finden sich jedoch leider nicht. „Bis ans Ende der Welt“ geht fast unter. Als uralter Lindenberg-Fan tat es fast weh. Je länger die Veranstaltung lief, umso mehr blieb nur noch die Hoffnung auf ein Highlight, das den Abend lohnenswert machen würde. Und das sollte ja auch noch kommen.

Ab der Pause hatte man sich an den Udo L.-Darsteller gewöhnt. In der letzten Szene im Hamburger Atlantic Hotel wuseln ca. 10 Udo L.-Möchtegern-Doubles über die Bühne (sehr amüsant). Unter diese mischt sich singend ein genauso aussehender, nur deutlich älterer Herr mit Hut, Nadelstreifenanzug und schwarzer Hose mit Streifen an der Seite. Das war …. das Original. Von dem Moment an war es um die Zuschauer geschehen. Es war groß, es war gigantisch, es war das Idol meiner Jugend, live vor mir aus Reihe 4.

Hinterm Horizont - Udo Lindenberg Musical (copyright: TA)
Hinterm Horizont – Udo Lindenberg Musical (copyright: TA)

Mein Fazit:

Als Fan von Udo Lindenberg, der auch 30 Jahre später noch textsicher bis auf die letzte Zeile ist, kann man „Hinterm Horizont“ nicht wirklich gut finden. Die mit Geschichte zu voll gestopfte Story ist nicht stark genug mit den von allen erwarteten Songs hinterlegt. Das ist, wenn man ein Musical erwartet,  einfach handwerklich nicht gut genug gemacht – sorry Udo. Das nächste Mal gehe ich wieder zu einem Deiner genialen Konzerte. Bis dahin höre ich weiter jede Menge Musik von der CD. Danke Udo, für das was Du mir in meiner Jugend gegeben hast.

Hinterm Horizont - Udo Lindenberg Musical (copyright: TA)
Hinterm Horizont – Udo Lindenberg Musical (copyright: TA)

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One comment

  1. Schöner persönlicher Bericht! Mit Udo L. kann ich leider noch nicht so richtig was anfangen, was vllt. auch daran liegt dass ich später geboren bin und heute noch mehrheitlich elektronische Musik höre;o)

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